aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Bork und Hassel: Spritzenhäuser und Löschgeräte
(bis 1881)

Dieter Gewitzsch

Im Archiv der Stadt Selm befindet sich eine Liste aus den Jahren 1817/18, in die Bürgermeister Fuisting alle Gebäude seines Amtsbezirks eingetragen hat. 1021 Bauwerke sind verzeichnet, vom Cappenberger Schloß über den Schafstall in Nordlünen bis zum Salzspeicher in Beifang – darunter auch ein „Feuerspritzenhaus“ im Dorf Bork. Als Eigentümerin des Hauses Nr. 65 nennt das Verzeichnis die Gemeinde Bork, der auch Haus Nr. 64 (die Kirche) gehörte.[1]

Bei anderer Gelegenheit meldete Fuisting 1817, dass man für die Feuersprüzzen im Kirchspiel Borck ein Abdache zur Aufbewahre bauen wolle. Das Spritzenhaus im Dorf Bork wird zwei Jahre später wieder erwähnt. Einer Revision folgte die Aufforderung, zwölf lederne Eimer anzuschaffen und statt des Strohs den Boden zu „bebrettern“. Der Bericht aus den Jahre 1819 (s.  >>) belegt, dass es in den Bauerschaften Hassel, Netteberge und Uebbenhagen Feuerspritzen gab, doch über deren Unterbringung verliert der Verfasser (Mechanikus Severin) kein Wort.

1824 taucht das genannte Spritzenhaus der „Dorfschaft“ erneut in den Akten auf. Es wurde als „Haus Nr. 65“ in der Liste der versicherten Gebäude geführt und war es mit hundert Talern versichert. Weitere Gebäude, die speziell zur Unterbringung von Feuerlöschgeräten bestimmt waren, führt der Nachweis von 1824 nicht auf.[2] Es gibt aber einen indirekten Hinweis, dass schon Anfang des 19. Jahrhunderts Sprützenhäuser zu Hassel und Uebbenhagen[3] gestanden haben, denn im Juni 1828 waren an beiden Gebäuden Reparaturen fällig. Richter und Telg erhielten die Aufträge zu den Arbeiten, die noch im September des Jahres abgeschlossen wurden.

Für das Spritzenhaus in Hassel ist ein noch früherer Beleg zu finden. Das kleine Gebäude wurde vermutlich schon 1822 auf dem Grundstück Nr. 148 in die erste Fassung der Ur-Katasterkarte der Flur 16 „Südfeld“ eingezeichnet.

1838 bedurfte die Hasseler Spritze einer Reparatur, die Bürgermeister Köhler nach Ausschreibung und mit Genehmigung des Landrats von Meister Jenne aus Werne für etwas mehr als 51 Taler ausführen ließ. Auch an dem Sprützenhause zu Hassel war im selben Jahr eine weitere Reparatur höchst nothwendig geworden. Zimmermeister Lammas [Lammers?] Borck erhielt als günstigster Bewerber den Zuschlag für die Holzarbeiten, die er für sechzehn Taler ausführen wollte. Kleinere Metallarbeiten am Sprützen- und Schulhause zu Borck vergab Köhler ohne Wettbewerb an den Schmied Lenfert[4], weil die Arbeiten alle sehr dringlich und der jedesmaligen Unbedeutenheit wegen nicht im Verding gegeben werden konnten. Es ging um nicht ganz sieben Taler.

Gut zehn Jahre später – im Sommer 1849 – war es wieder an der Zeit, die Hasseler Feuerspritze herzurichten. Aufträge zur Reparatur erhielten Kupferschmied Brinkmann und Schmied Mühlenkamp aus Hassel. Schuster Tygs in Hassel lieferte Leder und Kaufmann Eng. Lenfert ... Thran und Pech zum Schmieren der Schläuche.

Zu der Zeit war auch das bestehende Spritzenhaus arg renovierungsbedürftig, so dass die erforderlichen Arbeiten ausgeschrieben wurden. Offenbar wurde das Haus bei dieser Gelegenheit versetzt. Davon zeugt zunächst ein Dekret vom 16. Juni 1851, mit dem Amtmann von Stojentin dem Colon Richter nicht für die Reparatur, sondern für den Aufbau[5] des Spritzenhauses in Hassel ... die verdingsmäßige Summe ad 48 Thaler 25 Silbergroschen ... angewiesen hat. Für ein Versetzen – möglicherweise schon im Jahre 1850 – spricht auch, dass man sich 1865 erinnerte, daß das Spritzenhaus schon 15 Jahr an seiner gegenwärtigen Stelle steht,[6] und zwar auf dem Hof des Schankwirts Heinrich Knäpper, dem das Gebäude nun im Wege war.

Knäpper hatte sich im Februar 1865 an das Bürgermeisteramt gewandt und verlangt, daß das Spritzen Gebäude, welches auf meinem Hofe steht fortgeschafft werden muß. Er brauche Grund und Boden selbst und es ließen sich auch keine Rechte finden, die ihn (Knäpper) nötigen könnten das Gebäude an dieser Stelle zu dulden. Er werde aber gern sein Möglichstes beitragen, dass ein anderer passender Platz gefunden wird.

Amtmann Föcker lehnte umgehend ab und es kam zu einem Rechtstreit, in dem der Gastwirt auf Wegräumung des Spritzenhauses klagte und die Gemeinde ihre Verpflichtung zur Wegnahme bestritt.

Im Zuge seiner Einlassungen zur Sache bestätigte Föcker nebenbei den ursprünglichen Standort des Spritzenhauses, das Grundstück Flur 16 No 148, das auf den Namen der Gemeinheit Hassel in der Mutterrolle eingetragen war und demzufolge Eigenthum der Bauerschaft sei. Rückblickend behauptete die Gemeinde, man habe das Spritzenhaus [1850/51] in Folge einer Vereinbarung mit dem Vorbesitzer des Klägers auf Flur 16 Nro 151 versetzt und wieder aufgebaut. Kneppers[7] Vorbesitzer hieß Lehrmann. Das Gericht befragte Zeugen über die  Vereinbarung mit Lehrmann und erfuhr, dass Amtmann von Stojentin damals vorgeschlagen habe, das Spritzenhaus könne auf ein Grundstück der Gemeinde vor Lehrmanns Hause gesetzt werden. Zeuge Bußmann erinnerte sich, der Lehrmann sei damit aber nicht zufrieden gewesen und hätte lieber gesehen, das das Haus am Ende seines Hofes hingesetzt und ihm der Grundstreifen vor seinem Hause abgetreten werde. Schließlich wurde das Spritzenhaus auf dem Hofe des Lehrmann, also in unmittelbarer Nähe seines Hauses hingesetzt.

Für die Urteilsfindung war wichtig, dass Kneppers Vorbesitzer Lehrmann um die Versetzung des Spritzenhauses auf seinem Grund und Boden gewußt hatte und einverstanden war. Da Knepper den Beweis des erfolgten Widerspruchs nicht erbringen konnte, wurde die Klage am 21. September 1865 durch das Königliche Kreisgericht Lüdinghausen abgewiesen.

Ein gutes Jahr später – zum Jahresende 1866 – griff Knepper sein Anliegen wieder auf und erschien auf dem Kreisbüro in Lüdinghausen. Amtmann Föcker hatte ihm eine Verfügung zugehen lassen, nach der er Erde und Dünger, die er an das Spritzenhaus lagerte, binnen drei Tagen forträumen sollte. Knepper wandte zunächst ein, dass er den Dünger immer so gelagert habe und ihm die geschehene Räumungs-Anordnung sehr unbequem sei. Dann wechselte der Schankwirt das Thema und erklärte, er wolle nun gerne das Spritzenhaus abbrechen und ... 40 Schritte weiter an den Hof und Garten an der Landstraße nach Werne wieder hinsetzen. Der Gemeinde solle der Grund, worauf das Haus zu stehen kommt, eigenthümlich gehören und die Kosten des Abbruchs und Wiederaufbaues wolle er außerdem tragen, da ihm das Haus jetzt sehr zur Last fiele.

Knepper machte sich nicht ohne Grund auf den Weg nach Lüdinghausen. Seine dort protokollierte Eingabe endet mit den Worten: Da der Herr Amtmann Foecker diese meine Offerte nicht annehmen resp. der Gemeindevertretung unterbreiten will, so habe ich gehorsamst bitten wollen, daß der Herr Landrath die Vermittelung dieser Angelegenheit gütigst versuchen möge. Föcker und Knepper waren keine Freunde geworden und so sah der Amtmann in Kneppers Vorstoß ein ganz gewiß ... annehmbares Anerbieten, auf das aber Seitens der Gemeinde nicht eingegangen werden [kann], weil das Spritzenhaus eine zu vortheilhafte Lage hat, und, falls das Selbe verlegt wird, dasselbe weniger passend liegen würde, als jetzt. Föcker bat den Landrat, Knepper abzuweisen und monierte  nebenbei, dass die Offerte nicht an ihn gerichtet wurde. Zu Ihm habe der „Beschwerdeführer“ nur  davon gesprochen, daß er der Gemeinde Bork wegen bis jetzt noch nicht erfolgter Entschädigung für das abgetretene Grundstück verklagen wird.

Landrat von Landsberg vermied es, allein zu entscheiden und wollte zuvor die Gemeindeversammlung darüber zu hören, ob dieselbe geneigt sei, die Offerte des Knepper zu acceptiren. Die Borker Vertretung tagte am 3. April 1867 unter dem Vorsitz des Amtmanns – gleichzeitig Gemeindevorsteher – und erklärte sich im Allgemeinen mit Föckers Bericht zur Sache einverstanden, beschloß jedoch, aus Billigkeitsrücksichten, auf die Offerte des Knepper einzugehen. Knepper dürfe aber mit der Verlegung erst beginnen, nachdem der neue Standort durch den Amtmann und die Gemeindeverordneten Beck und Ikerodt, welche hierfür gewählt wurden, als in jeder Beziehung geeignet, anerkannt wurde. Die gewählte Kommission habe außerdem das Recht, das Spritzenhaus nach dem Umbau zu besichtigen. Sollten Mängel festgestellt werden, so müsse Knepper dieselben sofort selbst abstellen oder der Kommission gestatten, das diese für Abhilfe sorgt und zwar ohne jede und alle Widerrede sowie Provokation auf den Rechtsweg.

Nach Aktenlage gab es in der Bauerschaft Hassel nie einen Zweifel, dass ein Spritzenhaus nützlich und notwendig ist – aber es stand immer wieder im Weg. So auch 1881, als der Stellmacher und Schankwirt Heinrich Schlierkamp mit der Gemeinde Bork einen weiteren Vertrag über den Umbau und die Verlegung des Spritzenhauses in Hassel schloss: 

Bork den 27 Mai 1881

Mit Rücksicht auf den schlechten Zustand und auf die Reparaturbedürftigkeit des Spritzenhauses in der Bauerschaft Hassel kam heute zwischen
a dem Stellmacher und Schankwirth Heinrich Schlierkamp in Hassel einerseits
b zwischen der Gemeinde Bork vertreten durch den Amtmann Döpper und den Gemeinde Vorsteher Wilhelm Uebbert andererseits folgende Vereinbarung zu Stande:

Der Stellmacher Schlierkamp verpflichtet sich

§ 1 von seiner Weide Flur 16 N. 161 nächst dem Wege eine Grundfläche von 30 Fluß lang und 15 Fuß breit, [Randnotiz: = 450 Qudratfuß] der Gemeinde Bork zum Bauplatz für ein Spritzenhaus eigenthümlich abzutreten und die Baufläche in der Höhe des daran vorbei führenden Weges anzuschütten, sowie sämmtliche Arbeiten zu verrichten, welche zum Umbau des alten Spritzenhauses und zur Verlängerung desselben um mindestens 3 Fuß nothwendig sind. Hierzu gehören insbesondere auch die Arbeiten zum Transport der Hölzer zur neuen Baustelle.

Der Schlierkamp verpflichtet sich ferner, sämmtliches zum Gebäude erforderliche Holz in guter Qualität und eine neue Thüre vor dem Spritzenhaus ohne jede Vergütung zu liefern und die Arbeit innerhalb 14 Tagen fertig zu stellen, und das Grundstück einzufriedigen.

§ 2 Gegen die von dem Heinrich Schlierkamp vorstehend im § 1 übernommene Verpflichtung Leistungen und Lieferungen verpflichtet sich die Gemeinde Bork, das alte Spritzenhaus von dem Grundstücke Flur 16 N. 871/151 zu entfernen und dem Schlierkamp das Grundstück als Eigenthum abzutreten. Die zur Herstellung der Fundamentmauern, sowie der Fachwände, des Daches und der Pflasterung des Fußbodens erforderlichen Arbeiten und Materialien fallen sonach allein der Gemeinde Bork zur Last. Ebenso die Kosten des Abbruchs dieser Theile am alten Spritzenhause.

Gelesen und genehmigt             gelesen und genehmigt
Döpper, Amtmann
W. Uebbert                                  H. Schlierkamp

Mit dem vorstehenden Contracte einverstanden
Die Gemeinde Verordneten

Oktober 2017
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[1] Udo Kaiser, Das Feuer-Societäts-Cataster der Bürgermeisterei Bork, Selm 1997, Vorwort und S. 4.
[2] StA Selm AB-1 Nr. 462.
[3] Wenn nicht anders zitiert folgen die Ausführungen der Akte: StA Selm AB-1 Nr. 53.
[4] 1850 erhielt Schmiedemeister Bernard Lenfert eine Zahlung für gemachte Reparaturen an der Brandleiter, Brandsprütze pp.
[5] Hervorhebung durch den Verfasser.
[6] Schreiben des Rechtsanwalts Grönhoff (Lüdinghausen) in Sachen Knepper vs. Gemeinde Bork vom 30.05.1865.
[7] Im Laufe des Jahres 1865 änderte sich die Schreibweise des Namens in der Korrespondenz von „Knäpper“ auf „Knepper“.

 
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