aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Planungen für eine neue Schule in Selm

Christel Gewitzsch  

Klagen über den Zustand der Schule in der Gemeinde Selm sind schon 1811 in den Akten zu finden. Sowohl der Pastor als auch der Lehrer führten an, dass für die über zweihundert Schüler und Schülerinnen die Schule viel zu klein sei, auch hätte man gerne die Mädchen von den Jungen getrennt. Die Luft in dem Schulzimmer sei dumfig[1], ein konzentriertes Lernen nicht möglich.

Um dem Übel abzuhelfen, bot Pastor Evers der Gemeinde ein preiswertes Grundstück in der Nähe seines Pastorats an. Doch niemand ging auf dieses Angebot ein.

Geld aus der Gemeinheitsteilung

Als im Jahr 1825 die Teilung der Gemeinheit der Selmer Heide anstand, forderte Landrat Schlebrügge Bürgermeister Köhler auf, den Anteil, der der Schule zustand, auf jeden Fall in Anspruch zu nehmen. Die Versammlung der Interessenten und Deputierten der Selmer Gemeinheit erkannten die Ansprüche der Schule an. Sechs Magdeburger Morgen wurden dem Schulfond übereignet und zur Anlegung einer Baumschule Drey Magdeburger Morgen nahe beim Dorf auf einer gelegenen Stelle nach Auswahl der landräthlichen Behörde[2] bewilligt. Auf diese Besitzungen kam der Landrat zurück, als er 1827 vernahm, Schulze Weischer wolle einige seiner Grundstücke verkaufen. Drei Morgen Land sollte der Bürgermeister veräußern, um 1 Morgen Grund nächst dem alten Kirchhofe zu einer Baustelle des längst beabsichtigten neuen Schulhauses und einem Garten für den Lehrer anzukaufen.[3]

Am 25. April 1827 trafen sich die Interessenten bei Witte an der Wittenbache, um an Ort und Stelle des zu verkaufenden Grundes diesen an den Meistbietenden zu versteigern. Das Grundstück wurde zu zweihundert Taler ausgesetzt. Uhlenbrock, Knipping und Melchers gaben insgesamt dreißig Gebote ab, bis Melchers nach dem letzten Gebot von 242 Talern den Zuschlag erhielt.

Weil nach dieser öffentlichen Versteigerung Witthoff ein Nachgebot von weiteren fünf Talern abgab, musste erneut ein Termin anberaumt werden. Melchers bot zweimal einen Taler mehr und bekam für nun 250 Taler – mit Vorbehalt höherer Genehmigung – das Grundstück zugesprochen. Die Hochlöbliche Regierung genehmigte den Verkauf und im August 1827 konnte der Verkaufsvertrag aufgesetzt werden.

Die Schenkung des Vikars Madel

Eine wohl unerwartete Unterstützung bekam der Plan für eine neue Schule von Seiten des Vikars Madel aus Münster, der im Juni 1827 mit einer großzügigen Schenkung von zwei Gartengrundstücken an den Kirchen-, Armen-, Schul- und Pastoratsfonds von sich reden machte. Die Grundstücke waren ungefähr dreieinhalb und einen Morgen groß und besaßen einen Wert von 1.150 Talern. Auch wenn sich die Nutzung dieser Schenkung mehr als ein Jahr verzögerte, weil Madel  sich nach der Unterzeichnung der Urkunde beim Land- und Stadtgericht in Werne mit dem Gedanken trug, alles wieder rückgängig zu machen (siehe unter: Gesellschaft), kam die Schule schließlich doch in den Genuss von einem Morgen Gartenland.

Die vorgesetzten Behörden drängen

Noch während der Auseinandersetzung um die Madelsche Schenkung forderte der Landrat den Bürgermeister auf, nun endlich mit den Planungen für ein neues Schulhaus in Selm zu beginnen und die dafür nötigen Gelder zu beschaffen. Der Gemeinderat holte einen Kostenvoranschlag ein, was vom Landrat wohl als Zeitschinderei angesehen wurde, denn er verpflichtete den Amtmann im Oktober 1828, die gutachtlichen Vorschläge des Schulvorstandes in Verbindung mit dem Gemeinderath binnen 6 Wochen einzureichen. Eine erfolgreiche Beschleunigung erreicht er damit nicht, so dass sich im August 1829 die Regierung einschaltete, die nun den Bau eines neuen Schulhauses im kommenden Jahr verlangte. Am 1. Oktober trafen sich die Selmer Gemeinderäte, um die schon lange geforderte gutachtliche Stellungnahme abzugeben, die bei der Regierung aber nicht auf Gegenliebe stieß. Im Gegensatz zum Gemeinderat hielt man in Münster nichts von der Weiternutzung der alten Schule und schlug den Bau von zwei neuen vor. Dem schloss sich der Gemeinderat Mitte 1830 an.

Es dauert

Mit diesem Beschluss endeten die vorbereitenden Beratungen nicht. Im Mai 1832 nahm der Schulvorstand anlässlich eines Schulbesuchs des Kreisschulinspektors die große Überfüllung der Schule zur Kenntnis, hielt es plötzlich für unumgänglich, Mädchen und Knaben so schnell wie möglich zu trennen und biß zur Vollendung des projectirten Neubaues ein Zimmer zur Mädchenschule anzumieten. Der Gemeinderat schloss sich diesem Vorschlag an und dachte auch an die Beschaffung eines Wohn- und Schlafzimmers für die Lehrerin. Treppen und Türen mussten in dem angemieteten Schulzimmer eingesetzt und Sitz- und Schreibbänke angeschafft werden. Mit neu vorgetragenen Bedenken verzögerte 1833 der Landrat selber den Bau. Ihm erschien ein zweistöckiges Haus zu kostspielig und er bestellte beim Bau-Conducteur Onken einen weiteren Plan für ein einstöckiges Gebäude, bei dessen Realisierung der Lehrer im alten Schulgebäude wohnen bleiben sollte. Dem Gemeinderat ließ der Landrat nur die Wahl zwischen diesen beiden von der Regierung geprüften Plänen.

Auftragsvergabe

Am 9. Juni 1834 informierte Bürgermeister Köhler den Selmer Gastwirt Melchers darüber, dass er mit seinem Gebot von 2.860 Talern für die Errichtung der Selmer Schule den Zuschlag erhalten habe, und deshalb mit den nöthigen Vorkehrungen nunmehr beginnen könne. Der Brief endete mit der Aufforderung, die Auslagen des Amtes für Stempel, Porto und Abschriften in Höhe von fünf Talern und zwei Silbergroschen zu ersetzen.

23 Jahre nachdem die Notwendigkeit eines größeren Schulhauses offensichtlich geworden war, ging man nun daran, einen neuen Bau zu errichten.

Mai 2016
______________________________
[1] LAV NRW W Großherzogtum Berg, A2, Nr. 312a.
[2] StA Selm, AB-1 – 252.
[3] Ebenda; wie auch die folgenden Zitate.

 
Email