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Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Streitfälle bei der Krankenversicherung 

Christel Gewitzsch

Hin und wieder hatten sich der Krankenkassenvorstand und der Amtmann etwas länger mit Unterstützungsansprüchen der Kassenmitglieder zu befassen; mal kam es zu Unstimmigkeiten über die Versicherungspflicht, mal stritt man sich darüber, ob überhaupt eine Versicherung vorlag. Die Entscheidungen über die Streitfällen lagen bei der Aufsichtsbehörde, das war im ersten Jahr der Landrat, danach wurde die Aufsicht dem Amtmann übertragen. Gegen alle Entscheidungen stand der Rechtsweg offen.

1. Betr. Arbeiter Heinrich Marschall

Heinrich Marschall wandte sich Ende 1886 mit einem Gesuch direkt an das Landratsamt, das es umgehend an Amtmann Döpper abgab. Der Arbeiter beschwerte sich über den Kassenvorstand, der ihm ein Sterbegeld für das verstorbene Kind seiner Tochter verweigerte. Die Tochter wohnte mit ihrem unehelichen Kind im elterlichen Haus, und mußte als Familienglied unterhalten werden, da der Vater des Kindes ohne jedes Vermögen war[1]. Die Kasse behauptete nach Marschalls Darstellung, die Tochter gehöre nicht zur Familie. Das wollte er so nicht hinnehmen und er hoffte, die Aufsichtsbehörde würde der Kasse die Auszahlung anweisen.

Diese Hoffnung musste Döpper zerstören. Das Statut der Kasse war eindeutig. Paragraf 20 sah nur für die Ehefrau und einem Kind unter 14 Jahren die Zahlung eines Sterbegeldes vor. Kindeskinder wurden nicht berücksichtigt. Für die Frau standen dem Mitglied übrigens 15 Mark und für das Kind 10 Mark zu. Pflichtgemäß endete der ablehnende Bescheid des Amtmanns mit dem Hinweis: Gegen diese Entscheidung steht die Berufung auf den Rechtsweg binnen 10 Tagen offen.

2. Betr. Fuhrknecht Heinrich Grünebaum

Familienverhältnisse spielten auch in folgendem Fall eine Rolle. H. Freitag aus Nordlünen meldete unterm 14. Februar 1894 seinen Fuhrknecht Heinrich Grünebaum bei der Ortskrankenkasse an. Diese verweigerte aber dessen Aufnahme. Freitag schrieb an den Amtmann, um die Entscheidung überprüfen und begründen zu lassen.

Der Amtmann fragte beim Vorsitzenden Steinbusch an, der erst einmal darauf verwies, dass der Einspruch des Freitag nicht fristgerecht eingegangen war. Aber er konnte auch inhaltliche Gründe anführen. Grünebaum, ein Mann von 68 Jahren, war Freitags Schwiegervater. Dass er wirklich als Fuhrknecht angestellt war, bezweifelte der Kassenvorstand. In dem eingereichten Attest hatte der Arzt dem Mann einen Herzfehler attestiert. Leichte Arbeiten könne er aber durchaus verrichten. Das Auf- und Abladen der Frachtgüter sei aber eine zu schwere Arbeit, so Steinbusch.

Auf diese Details ging Döpper in seiner Antwort nicht weiter ein. Er schrieb dem Beschwerdeführer: Auf Ihre Eingabe vom 19. d Mts benachrichtige ich Sie ergebenst, daß der Vorstand der Ortskrankenkasse zu Bork auf Grund des eingesandten ärztlichen Attestes beschlossen hat, die Aufnahme des Grünebaum als Mitglied in der Ortskrankenkasse abzulehnen weil die Untersuchung eine bereits bestehende Krankheit ergeben hat.

3. Betr. Kripparbeiter Hermann Stucke

Im Oktober 1895 setzte sich der Kripparbeiter Hermann Stucke aus Ahsen gegen einen Bescheid der Ortskrankenkasse zur Wehr. Die Kasse weigerte sich, ihm Krankengeld zu zahlen und für die Arzt- und Arzneikosten aufzukommen. Er schilderte seinen Fall folgendermaßen:
Am 6. Juli ds Js, bis zu welchem Tage ich im Betriebe der Lippe-Verwaltung gearbeitet habe, erkrankte ich. Ich gebrauchte zuerst den zu Olfen wohnenden Arzt Dr. Börgershausen, weil ich glaubte, die Krankheit würde nicht lange dauern und ich event. gesonnen war, auf das Krankengeld zu verzichten, ebenso Arzt und Apotheke selbst zu bezahlen. In der ersten Hälfte des Monats August, am 8. oder 10., kam der Strommeister Helmig zu mir und brachte mir den verdienten Lohn. Ich ersuchte Helmig das Krankengeld für den Monat August mit einzuhalten, worauf er erwiederte: „dieses sei nicht nothwendig.“ Hierbei sagte ich demselben, daß ich als Arzt den Herrn Dr. Börgershausen gebrauchte, weil ich zu demselben mehr Zutrauen habe. p Helmig erklärte mir: „Dieses wär nicht so schlimm, er, Helmig wolle schon dafür sorgen das solches genehmigt würde.“ Ich bat p Helmig mich über das Resultat Mittheilung zu machen und wollte demselben 10 Pfg für eine Freimarke übergeben. Helmig versprach solches zu thun, lehnt zugleich die 10 Pfg. für Freimarke ab mit dem Bemerken, daß Schreiben kostete nichts.
Nachdem ich längere Zeit vergebens auf Antwort gewartet hatte, wurde mir durch einen Arbeiter mitgetheilt, daß ich Dr. Wessels als Arzt gebrauchen müßte welches ich unterm 30. August ...
[Blatt beschädigt]
Nach Mittheilung der Ortskrankenkasse Bork bin ich schon am 1. August, bis zu welchem Tage die Krankenkassen-Beiträge entrichtet sind, bei der Kasse abgemeldet. Wer solches gethan hat, war hierzu durchaus nicht befugt und hat dieses ohne meine Einwilligung und Auftrag gethan.
[2]

Stucke fühlte sich vom Strommeister Helmig hinter’s Licht geführt. Dieser habe genau gewusst, dass er nicht gekündigt hatte, sondern nur wegen Krankheit fehlte. Auch habe er ihn in Sicherheit gewogen, als er wiederholt beteuerte, für alles zu sorgen, auch dann noch, als er ihn bereits abgemeldet hatte.

Der Vorsitzende Steinbusch bestätigte Stuckes Abmeldung vom 1. August. Erst am 28. des Monats habe sich Stucke mit einer Bescheinigung des Dr. Wessel bei der Kasse krank und erwerbsunfähig gemeldet. Amtmann Busch forderte Stucke auf, eine Bescheinigung des Dr. Börgershausen über den früheren Termin beizubringen, was auch geschah. Der Doktor bestätigte Stuckes vollständige Erwerbsunfähigkeit vom 9. Juli 1895 an.

Als Busch daraufhin anfragte, ob die Kasse eventuell bereit sei, unter diesen Umständen für das frühere Mitglied einzutreten, lehnt Steinbusch kategorisch ab, denn erstens sei Dr. Börgershausen kein Kassenarzt und zweitens sei die zu verwendende Krankmeldung zu spät eingegangen. Während der Dauer dieses Briefwechsels verstarb der Kripparbeiter und seine Witwe bekam weder das Kranken- noch das Sterbegeld.

4. Betr. Dienstmagd des Schankwirts Fritz Lahr

Der Schankwirt Fritz Lahr aus Bork übersprang nicht nur den aufsichtsführenden Amtmann, er schrieb 1895 gleich An die Königliche hochlöbl Regierung zu Münster und brachte dort sein Anliegen vor: Ich halte seit längeren Jahren eine Dienstmagd zur Führung meiner Landwirthschaft, welche aber auch im Notfall, aber nur, wenn ich und meine Familienangehörigen abwesend sind, die Schankwirtschaft versehen muß, welches aber nur ganz selten vorkommt. Die Magd ist Standesamtlich als Gesinde – Dienstbote angemeldet. Nun erhielt ich vor zwei Monaten vom Vorstand der Ortskrankenkasse des Amtes Bork zu Bork die Aufforderung, meine Magd binnen drei Tagen zur Ortskrankenkasse anzumelden und die Beiträge für alle Jahre nachzuzahlen.
Ich habe nicht gewußt, daß ich verpflichtet war, meine Magd zur Krankenkasse anzumelden, bin hierzu auch früher niemals aufgefordert worden. Kurze Zeit nachher stand im Lüdinghauser Volksblatt ein gewisser Paragraph gedruckt, wonach Dienstboten, welche auch teilweise zum Betriebe der Schenkwirtschaft benutzt werden, Standesamtlich aber als Gesinde Dienstboten angemeldet sind, nicht versicherungspflichtig sind, worauf der Krankenkassen-Vorstand erwiedert: In der Zeitung könnten Sie schreiben was Sie wollten. Auch sei noch bemerkt, daß in anderen Ortskrankenkassen sogar in den Nachbargemeinden solche Fälle nicht versicherungspflichtig sind.
[3]

Von der Regierung wollte er nun wissen, ob die Magd versicherungspflichtig sei oder ob er die schon gezahlten Beiträge und das Eintrittsgeld zurückverlangen könne. Aus Münster bekam er nur die Auskunft über die Zuständigkeit des Amtmanns Busch. Dieser sah die Sache wie folgt:
Ich halte die ständig im Dienste eines Wirths stehenden Dienstboten, welche auch nur ab und zu Dienst bei dem Ausschank von Getränken oder Zubereitung von Speisen thätig sind, für versicherungpflichtig, da bei Beurtheilung der Versicherungspflicht nicht auf die Thätigkeit in der Wirtsstube, sondern auf die ganze Beschäftigung im Interesse der Wirtschaft ins Gewicht fällt, Im vorliegenden Falle ist das Mädchen von Lahr allgemein als Dienstmädchen gemiethet und auch zu allen häuslichen Arbeiten mit herangezogen worden, wie ich festgestellt habe. Der Lohn ist nicht für landwirtschaftliche Arbeiten allein vereinbart, sondern wird für die gesammten Leistungen gezahlt, letztere umfassen aber auch das Reinigen der Wirtsstube und der Küche, Putzen der Fenster von diesem Räumen, Reinigen der von den Gästen benutzen Gläser u.s.w. Ob die Beschäftigung in dem Gewerbebetrieb eine Nebenbeschäftigung oder eine vorübergehende ist, ist unerheblich, ...

5. Betr. Fuhrknecht Alois Siewecke

Ähnlich gelagert erscheint der Fall des Fuhr- und Hausknechts Alois Siewecke, nur wurde er anders entschieden. Siewecke erkrankte in der Zeit vom 1. Februar bis zum 5. April 1899 und war nicht arbeitsfähig. Er hatte sich einen Bruch zugezogen. Als er sich im Dezember, als sein Arbeitsverhältnis in Bork beendet war, an die Krankenkasse wandte, wurde er abgewiesen und erfuhr dabei, dass er von seiner Arbeitgeberin, der Witwe des Gastwirts Franz Forck in Bork, nicht angemeldet worden war. Er bat um eine Bestätigung seiner Versicherungspflicht und die Auszahlung von Krankengeld, denn die nicht erfolgte Anmeldung sei nicht seine Schuld.

Die Witwe Forck wurde vorgeladen und gab zu Protokoll: Ich habe mich nicht für verpflichtet gehalten den p Siewecke zur Krankenkasse anzumelden, da ich denselben keineswegs als Hausknecht sondern lediglich als Knecht für meinen Landwirthschaftsbetrieb gemiethet hatte. Wenn es auch mal vorgekommen sein sollte, daß p S. bei mir ein gewerbliches Fuhrwerk geleitet hat, so sind doch diese Fälle so verschwindend gering gewesen, daß sich daraus eine versicherungspflichtige Thätigkeit nicht herleiten läßt.

Vom Amtmann in Lünen wurde Siewecke, der inzwischen dort in der Viktoriastraße wohnte, zu einer Stellungnahme aufgefordert. Siewecke bestritt den verschwindend geringen Einsatz als Fuhrknecht. Er habe mehrere Male Reisende vom Bahnhof Selm, sowie deren Reisegepäck pp per Wagen zur Wirthschaft der Ww Forck und zurück gefahren. Auch habe [er] viele Fuhren für die damals bei Bork thätige Bahngesellschaft von Straßburg unternommen, wie das Fahren von Kohlen u. Bahngeräthschaften von einer Stelle zur anderen.  

Der von ihm als Zeuge für seine Fuhrtätigkeiten benannte Arbeiter Heinrich Koppler erinnerte sich allerdings nur an Fuhren im Monat Januar. Busch wollte nun wissen, ob Siewecke sich den Bruch im landwirtschaftlichen Betrieb oder bei einer Fuhre zugezogen hatte und das vom Arzt bestätigt bekommen. Beim Aufladen von Hölzern am Bahnhof sei das passiert, also anlässlich einer gewerblichen Fuhre, so lautete Sieweckes Antwort. Ein ärztliches Attest beizubringen, weigerte er sich.

Nach mehr als drei Monaten erhielt Siewecke den Bescheid des Amtmanns mit dem Resultat, daß die p Forck nach Lage der Sache nicht verpflichtet war, Sie während Ihrer Dienstzeit bei ihr zur Ortskrankenkasse anzumelden. Da nach den zum Krankenversicherungsgesetz vom 15.6.83/10.4.92 ergangen Entscheidungen Dienstboten auch durch gelegentliche Beschäftigung in dem Gewerbebetriebe ihres Dienstherrn nicht ohne Weiteres versicherungspflichtig werden. Der vorliegende Fall trifft also bei Ihnen zu, da Sie von der F. keineswegs als Hausknecht, sondern lediglich als Knecht für ihren Landwirthschaftsbetrieb gemiethet wurden. Ihre Beschäftigung in dem Wirtschafts. bzw. Fuhrwerksbetriebe der p F. war lediglich eine nur nebensächliche.

6. Betr. Angestellter Ludwig Schwake

Ludwig Schwake, Angestellter bei der Gräflich von Kielmannsegge’schen Brauerei in Cappenberg und Mitglied der Ortskrankenkasse Bork, war mit seinem Antrag, Arzt- und Apothekerkosten und Krankengeld für seine 3-wöchige Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit zu bekommen, gescheitert. Weil er sich während seiner Krankheit in Langendreer aufgehalten hatte, wollte man ihm aufgrund des Paragrafen 15 des Statuts nur einen Teil des Krankengeldes zubilligen, sonst nichts.

Amtmann Busch teilte die Auffassung des Kassenvorstandes nicht. Paragraf 15 galt zwar für die Mitglieder, die sich nicht im Bezirk der angeschlossenen Gemeinden aufhielten, doch sei er in diesem Fall nicht anwendbar. Schwake hielt sich in Langendreer auf, weil er während eines Besuches dort plötzlich und heftig an einer Lungenentzündung erkrankte. Eine Rückkehr nach Cappenberg war ihm nicht möglich gewesen. Die Kasse sei demnach zu allen vorgesehenen Leistungen verpflichtet, so teilte es Busch dem Beschwerdeführer und dem Vorsitzenden der Kasse mit.

7. Betr. Arbeiter des Ziegeleibesitzers Ferdinand Robbert

In der Streitsache der Ortskrankenkasse mit dem Ziegeleibesitzer Robbert in Lünen musste die Krankenkasse nachgeben. Anfang 1897 hatte Steinbusch Robbert beim Amtmann Busch angezeigt, weil er seit Jahren keine Arbeiter zur Krankenkasse angemeldet hatte, wie wohl seine Ziegelei im Bezirke der Ortskrankenkasse lag. Robbert gab an, auf seiner Ringofenziegelei in der Nordlüner Mark nur Ziegler aus Lippe-Detmold zu beschäftigen, die alle ihrer staatlich anerkannten Heimatkrankenkasse angehörten.

Eine ähnliche Beschwerde von Steinbusch hätte ihm vor vier oder fünf Jahren schon vorgelegen und damals sei dieser mit seinen Ansprüchen abgewiesen worden. Die wenigen einheimischen Arbeiter, die er beschäftige – allesamt Tongräber –, gehörten der Krankenkasse in Lünen an.

Das Bürgermeisteramt in Lünen kam der Bitte des Borker Amtmanns nach und überprüfte die Krankenkassen-Quittungsbücher der Ziegeleiarbeiter. Gendarm Eggert stellte fest, dass alle in Lippe-Detmold versichert waren, woraufhin auch Steinbusch die Angelegenheit nunmehr als geordnet erklärte.

8.  Betr. Krankenkasse Lünen gegen Krankenkasse Bork

Im letzten hier behandelten Streitfall geht es um ein Kompetenzgerangel der Krankenkassen von Lünen und Bork. Ende 1898 konnten die beiden sich nicht über die Kassenzughörigkeit des Schlossers Wilhelm Fischer gütlich einigen. Die Ortskrankenkasse Stadt Lünen bemühte die Regierung um Unterstützung, die aber gleich auf den Amtmann verwies. Ende 1899 kam die Beschwerde von Borker Seite.

Der Rendant der Ortskrankenkasse Lünen Herr Hüller hat sich erlaubt die Arbeiter der Internationalen Augsburger Bohrgesellschaft, welche zur Zeit auf dem Grundstücke des Schulze Pelleringhoff zu Nordlünen Amt Bork bohrte, in der dortigen ... [unlesbar] aufzunehmen, gegen das Statut und Recht, so schrieb Steinbusch an den Lüner Bürgermeister. Der Vorsitzende hatte die Quittungsbücher der Arbeiter vorliegen und verwies mit Recht darauf, dass Altlünen zum Amt Bork gehöre und deshalb die Arbeiter in Bork versichert werden müssten.

Bürgermeister Becker hatte offensichtlich keine Lust, sich mit der Beschwerde näher zu beschäftigen und empfahl Steinbusch, sich an den Vorsitzenden der Lüner Kasse zu wenden. Am selben Tag schickte auch der Rendant Hüller aus Lünen einen Brief an Steinbusch: Ich bestreite der Ortskrankenkasse Bork rsp. ihrem Vorsitzenden Herrn Franz Steinbusch das Recht über meine Thätigkeit als Rendant der hiesigen Ortskrankenkasse Beschwerde, welche vorliegend, über mich zu führen.

Offiziell in Vertretung des gesamten Vorstandes bat Steinbusch nun erneut die Regierung in Münster um Unterstützung. Tätig wurde daraufhin der Kreisausschuss in Lüdinghausen, der sich an den Dortmunder Landrat wandte. Dieser forderte das Amt Lünen zur Berichterstattung auf, das sich die Angelegenheit vom Kassenvorstand erklären ließ. Das Ganze gestaltete sich etwas schwierig; es waren schließlich Bezirksgrenzen zu überwinden.

Rendant Hüller übernahm das Antworten und erklärte ausführlich, dass das besagte Unternehmen eine internationale Bohrgesellschaft sei, von Straßburg aus verwaltet und von Erkelenz aus technisch betreut würde. Der Ingenieur, der die Bohrungen in Nordlünen und Cappenberg betreute, ein Herr Thumann, hatte seine Wohnung während der ganzen Betriebsdauer im Gasthof Zum goldenen Löwen in der Stadt Lünen aufgeschlagen. Und wegen dieses Wohnsitzes hielt er die Lüner Kasse für zuständig. So sah es auch der Lüner Bürgermeister.

Amtmann Busch folgte dieser Auffassung nicht. Er schrieb an das Landratsamt, dass alle Maßnahmen, die die Arbeit in Altlünen betrafen (Entlassungen, Löhnung, Aushändigung von Bauerlaubnissen, Korrespondenz mit dem Amte) auf einem kleinen Büro auf dem Bohrturm erledigt würden. Von Lünen aus würden die Geschäfte nicht geführt. Der oben genannte Angestellte sei nur einige Wochen in Lünen gewesen, um technische Schwierigkeiten zu beheben. Der für den in Frage kommenden Thurm eigens bestellte Ingenieur Faikus wohnt in Bork, er erledigt die Arbeiten in dem Büro und es sei ganz unerfindlich, was die Krankenkasse Lünen mit der ganzen Angelegenheit zu thun haben will.

Die beiden zuständigen höheren Verwaltungsbehörden (Arnsberg und Münster) schlossen sich den Ausführungen des Borker Amtmanns an und die Arbeiter mussten in Bork versichert werden.

Juli 2019
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[1] und folgende Zitate: StA Selm, AB-1 - 640.
[2] und alle weiteren Zitate zu diesem Fall: StA Selm, AB-1 – 643.
[3] und alle weiteren Zitate: StA Selm, AB-1 – 640.

 
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