aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

 

Gesetz über die Verhältnisse der Juden. Vom 23. Juli 1847.
Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten.— Nr.30. —(N,-.2871.)

§. 60. Unterrichtswesen –
In Bezug auf den öffentlichen Unterricht gehören die schulpflichtigen Kinder der Juden den ordentlichen Elementarschulen ihres Wohnorts an.
§. 61. Die Juden sind schuldig, ihre Kinder zur regelmäßigen Theilnahme an dem Unterricht der Ortsschule während des gesetzlich vorgeschriebenen Alters anzuhalten, sofern sie nicht vor der Schulbehörde sich ausweisen, daß ihr Kind anderweitig, durch häusliche Unterweisung oder durch ordentlichen Besuch einer anderen vorschriftsmäßig eingerichteten öffentlichen oder privaten-Lehr-Anstalt einen regelmäßigen und genügenden Unterricht in den Elementarerkenntnissen erhalten.
§.62. Zur Theilnahme an dem christlichen Religionsunterrichte sind die jüdischen Kinder nicht verpflichtet; eine jede Synagogen-Gemeinde ist aber verbunden, solche Einrichtungen zu treffen, daß es keinem jüdischen Kinde während des schulpflichtigen Alters an dem erforderlichen Religionsunterrichte fehlt.
Als besonderer Religionslehrer können nur solche Personen zugelassen werden, welche zur Ausübung eines Elementarschul-Amtes vom Staate die Erlaubniß haben.
§.63. Zur Unterhaltung der Ortsschulen haben die Juden in gleicher Weise und in gleichem Verhältnisse wie die christlichen Gemeindemitglieder den Gesetzen und bestehenden Verfassungen gemäß beizutragen.
§.64. Eine Absonderung von den ordentlichen Ortsschulen können die Juden der Regel nach nicht verlangen; doch ist ihnen gestattet, in eigenem Interesse auf Grund diesfälliger Vereinbarungen unter sich mit Genehmigung der Schul-Behörden Privat-Lehranstalten nach den darüber bestehenden allgemeinen Bestimmungen einzurichten. Ist an einem Orte oder Schulbezirke eine an Zahl und Vermögensmitteln hinreichende christliche und jüdische Bevölkerung vorhanden, um auch für die jüdischen Einwohner ohne deren Ueberbürdung eine besondere öffentliche Schule anlegen zu können, so kann, wenn sonst im allgemeinen Schulinteresses Gründe dazu vorhanden sind, die Absonderung der Juden zu einem eigenen Schulverbande auf den Antrag des Vorstandes der Synagogengemeinde angeordnet werden.
§. 65. Die Regierung hat in solchem Falle über die beabsichtigte Schultrennung und den dazu entworfenen Einrichtungsplan die Kommunalbehörde des Orts und die übrigen Interessenten mit ihren Erklärungen und Anträgen zu vernehmen.
§. 66. Ergiebt sich hierbei ein allgemeines Einverständniß über die Zweckmäßigkeit der Schulabtrennung und über die Bedingungen der Ausführung, so ist die Regierung befugt, die entsprechenden Festsetzungen und Einrichtungen unmittelbar zu treffen.
Im Falle obwaltender Differenzen bleibt die Entscheidung dem Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten vorbehalten.
§. 67. Eine nach §§. 64 -65 errichtete jüdische Schule, hat die Eigenschaften und Rechte einer öffentlichen Schule. Insbesondere gelten dabei folgende nähere Bestimmungen:
1) Die Unterrichtssprache in einer solchen Schule muß die deutsche sein.
2) Die Errichtung und Unterhaltung dieser Schule liegt in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung den jüdischen Einwohnern des Schulbezirks allein ab. Die Aufbringung der erforderlichen Kosten wird nach Maaßgabe der Bestimmung des §. 58. bewirkt.
3) Wo die Unterhaltung der Ortsschule eine Last der bürgerlichen Gemeinde ist, haben die Juden im Falle der Errichtung einer eigenen öffentlichen Schule ein Beihülfe aus Kommunalmitteln zu fordern, deren Höhe unter Berücksichtigung des Betrages der Kommunalabgaben der jüdischen Einwohner, der aus den Kommunalkassen für das Ortsschulwesen sonst gemachten Verwendungen und der Erleichterung, welche dem Kommunalschulwesen aus der Vereinigung der jüdischen Kinder in eine besonderer jüdische Schule erwächst, zu bemessen, und in Ermangelung einer gütlichen Vereinbarung von den Ministern der geistlichen pp Angelegenheiten und des Innern festzusetzen ist.
4) Die Juden werden, wenn sie eine öffentliche Schule unterhalten, sowohl von den Entrichtungen des Schulgeldes, als auch von allen unmittelbaren, persönlichen Leistungen zur Unterhaltung der ordentlichen Ortsschulen frei.
5) Der Besuch der öffentlichen jüdischen Schulen bleibt auf die jüdischen Kinder beschränkt.

 

zu: Die jüdische Schule in Bork - Teil 1 >

 
Email