aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Georg Brüning - Berufliches und Privates nach Aktenlage, Teil 2 

Auf dem Wege zum Gerichts-Assessor - Referendariat 1874-1879

Dieter Gewitzsch

Abb. 1 Oberlandesgericht Celle

Mit der Wahl des Appellationsgerichts in Celle hatte sich Georg Brüning mit seinem Referendariat unter das Dach eines traditionsreichen Gerichts begeben, das als "Oberappellationsgericht" schon im 18. Jahrhundert hohes Ansehen genoss und auch nach der Revolution 1848/49 weiterhin höchstes Gericht im Königreich Hannover blieb.(1) Infolge der Vereinigung des Königreichs Hannover mit Preußen (1866) verlor das Gericht seinen Status. In Celle durfte man sich fortan nur noch Appellationsgericht nennen und wurde dem Berliner  Oberappellationsgericht nachgeordnet.(2) Im Herbst 1874 löste Georg Friedrich Francke seine Vorgänger Otto Albrecht von Düring im Amt des Präsidenten ab und blieb damit für den Referendar Brüning zuständig.

Seinen Wünschen entsprechend wurde Georg Brüning nach seiner Vereidigung am 15. September 1874 beim Amtsgericht Celle beschäftigt, wo er nur bis zum Monatsende vollen Dienst leistete, um am 1. Oktober 1874 seinen Militairdienst ... bei der 1. Compagnie des 2. Hannoverschen Infanterie-Regiments Nro 77 anzutreten. Der neue Referendar verbrachte sein erstes Ausbildungsjahr also nicht allein an dem extra für ihn eingerichteten Ausbildungsplatz beim Amtsgericht Celle, sondern auch beim Militär. Beide Engagements endeten zum 1. Oktober 1875.

Georg Brüning nahm sich eine "Freiheit", die seit den 1850er Jahren als Missstand erkannt und kritisiert wurde. Damals wurde den Studenten vorgehalten, dass sie ihre Studienzeit ohne große Gefahr ... verbummeln und sogar noch ihr Militärjahr absolvieren konnten.(3) Der militärische Dienst ging allezeit vor, erinnert sich Robert Bosse(4), einer der prominentesten Kritiker des Ausbildungssystems der preußischen Juristen, an seine Studentenzeit 1851/52.(5)

Abb. 2

Nach Ablauf des Ausbildungsjahres berichtete das Amtsgericht Celle dem Präsidenten des Appellationsgerichts über die Dienstführung Georg Brünings und dokumentierte Art und Umfang seiner Mitwirkung an den Geschäften des Gerichts. Dabei zeigte sich, dass Wehrdienst und Referendariat nicht so reibungslos zu vereinbaren waren, wie es sich der Referendar wohl vorstellte. Nur in den zwei Wochen bis zum Eintritt ins Militär fand statt, was man gemeinhin mit Ausbildung in Verbindung bringen möchte. Georg Brüning wirkte regelmäßig bei den Geschäften an den Gerichts- und Sprechtagen der II“ Abtheilung des Amtsgerichts Celle mit und nahm an einer Schöffengerichtssitzung der IIIten Amtsgerichts-Abtheilung teil. Er arbeitete ein Urtheil mit Sorgfalt aus und bewies sich hierdurch und bei dem Mitwirken an Gerichts- und Sprechtagen ... als befähigt und der Rechtswissenschaft kundig.

Was nach einem halben Monat ungestörter Ausbildung vorzuweisen war stand in keinem Vergleich zu dem, was das Amtsgericht Celle nach einem Jahr auflisten konnte. In der Zeit vom 1. Oktober 1874 bis Mitte Juni 1875 war der Referendar an insgesamt zwanzig Tagen jeweils für etwa eine Stunde in Gerichts- und Sprechtagssitzungen anwesend und mit Protocolliren beschäftigt, danach stellte er seine Besuche am Ausbildungsplatz ganz ein.

Der Bericht vermerkt, dass Dr. Brüning seine geringe Betheiligung an den Amtsgerichtsgeschäften in den ersten Monaten als vom seinem Soldatssein veranlaßt erklärt habe und die Abwesenheit seit Mitte Juni damit begründete, dass er vom Militairdienst stark in Anspruch genommen gewesen war. Zudem habe er wahrgenommen, daß das Einfinden auf kaum eine Stunde, welches ihm nur möglich gewesen [sei], für den Geschäftsbetrieb beim Amtsgerichte mehr störend als förderlich war. Das Amtsgericht enthielt sich jeden Kommentars und bestätigte abschließend, dass Georg Brüning durch sein Betragen zu keinerlei Ausstellungen Veranlassung gegeben habe.

Jahre später zeigte sich, dass es dem Referendar nicht gelingen sollte, seinen Wehrdienst zeitlich im Vorbereitungsdienst unterzubringen. Im April 1878 - Georg Brüning befand sich im vierten Jahr seiner Ausbildung - stellte Appellationsgerichts-Präsident Francke dem Justizministerium den bisherigen Ablauf der Ausbildung vor, schilderte die bekannten Versäumnisse und gab anheim, dem dem p Brüning von der Zeit des fragl[ichen] Mil[itair]-Dienstes drei Monat auf den Just[iz] Vorb[ereitungs] Dienst in Anrechnung zu bringen. Dem Vorschlag wollte das Ministerium allerdings nicht folgen und entschied, dass im vorliegenden Fall die während des Militärdienstjahres stattgefundene geringe Beschäftigung bei dem Amtsgericht Celle auf die gesetzlich vorgeschriebene vierjährige Dauer des Vorbereitungsdienstes nicht angerechnet werden kann. Georg Brüning musste ein Jahr anhängen und beendete sein Referendariat im Herbst 1879.

Als der "doppelte Dienst" am ersten Ausbildungsort Celle seinem Ende entgegenging, erhielt Georg Brüning die Versetzung zum Zwecke der Ausbildung an das Königliche Amtsgericht Neustadt (a.R.) mit der Weisung, er möge sich am 1. Oktober 1875 beim Vorsitzenden des Gerichts melden. Der Referendar nahm den Termin aber nicht wahr, sondern bat seine neue Dienststelle dringend um einen 5 wöchentlichen Urlaub, um sich (vom einjährigen freiwilligen Dienst) zu erholen und bei seinen Verwandten einmal wieder laben zu können. Obwohl man als bekannt voraussetzen kann, dass auf den westfälischen Gütern und Schulzenhöfen eine bessere Kost als beim Militär gereicht wurde und Referendare eher schmal speisten, fehlte dem Amtsgericht das rechte Verständnis für einen Heimaturlaub. Wegen Arbeitsüberlastung könne man auf Referendare nicht verzichten.

Der Start in Neustadt mag holprig gewesen sein, aber nun begann mit einem Jahr Verspätung die geordnete, ungestörte Ausbildung an einem Amtsgericht. Nach einem weiteren Jahr konnte man aus Neustadt berichten, dass Georg Brüning sich positiv entwickelt habe und bei den ihm übertragenen Arbeiten seine guten Kenntnisse richtig anwende:

Der p. Brüning hat vom 9. October 1875 bis zum 10. October 1876 an den hiesigen Geschäften mit Eifer Theil genommen, und im Dienstlichen, wie außerdienstlichen Betragen zu Klagen keine Veranlassung gegeben; mit guten positiven Kenntnissen ausgestattet, zeigte er eine klare, wenn auch Anfangs nicht sehr rasche Auffassung der vorgetragenen Thatsachen und Rechtssätze bei Aufnahme von Protocollen, und, je länger er hier beschäftigt war, eine merkbar fortschreitende klare und logische Durchsichtung der thatsächlichen Verhältnisse; wie richtige Anwendung seiner guten positiven Kenntnisse auf die vorliegenden thatsächlichen Verhältnisse bei Entwerfung von Urtheilen.

Abb. 3 Amtsgericht Hameln

Zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts wurde Georg Brüning Anfang Oktober 1876 auf eigenen Wunsch für eineinhalb Jahre an das Obergericht Hameln versetzt, das zum Bezirk des Appellationsgerichts Celle gehörte.(6) Als Referendar wurde er in allen Dienstzweigen des Obergerichts, einschließlich der Königlichen Kronanwaltschaft und des Secretariats beschäftigt und zeigte nach dem Urteil seines Vorgesetzten, Obergerichtsdirektor Danckert, eifriges Bestreben nach Fortbildung, welches von günstigem Erfolge gewesen sei. Nach einem knappen Jahr in Hameln wurde seine Ausbildung von einer achtwöchigen militairischen Dienstübung unterbrochen, die am 1. August 1877 begann und von der er sich am 26. September 1877 zurückmeldete. Danach wurde Georg Brüning zum Sek. Lieutenant der Res. des 3. Han. Inf. Reg. Nr. 79 befördert (11.12.1877).(7) Beim Militär hatte er sich wohl auch Gedanken über seine beruflichen Möglichkeiten gemacht. Nach seiner Rückkehr beantragte der 26jährige Referendar in Celle die Abkürzung seiner Ausbildungszeit beim Obergericht Hameln von eineinhalb auf ein Jahr, um dann ein volles Jahr bei dem Obergerichtsanwalt Schorcht, der für Hameln zugelassen war, zu lernen und begründete das damit, Interesse für den Anwaltsberuf zu haben. Schorcht war einverstanden, aber der Präsident des Appellationsgerichts Celle, Francke, sah vor Ablauf der vorgeschriebenen anderthalb Jahre keine Veranlassung, die Ausbildung beim Amtsgericht Hameln aufhören zu lassen. Dass Georg Brüning Hameln schon im Januar 1878 in kürzester Zeit in Richtung Osnabrück verließ, hatte sehr private Gründe.

Gleich zu Beginn des Jahres 1878 sah sich der Direktor des Obergerichts Hameln, Danckert, durch eingetretene Umstände veranlasst, dem Präsidenten des Appellationsgerichts in Celle, Francke, auf officiösem Wege die baldgeneigteste Versetzung des beim hiesigen Obergerichte beschäftigten Referendar Dr. jur. Brüning ... anheim zu geben. Danckert, der die Bitte mit dem Einverständnis Georg Brünings vortrug, schilderte das Vorgefallene so:

Derselbe hat sich in letzterer Zeit mit der Tochter des hiesigen Kreishauptmann Meyer verlobt. Letzterer hatte seine Einwilligung zu dem Verlöbnisse von der gehörigen Zustimmung der streng katholischen Brüningschen Mutter ausdrücklich abhängig gemacht. Diese Zustimmung stößt auf anscheinend unüberwindliche Schwierigkeiten, da der älteste Brüningsche Bruder Bergrath in Dortmund, als Senior familiae sich höchst entschieden dagegen erklärt hat und nach demjenigen, was ich über die äußerst streng ultramontane Richtung des Letzteren und über dessen Einfluß auf die Mutter durch zuverlässige Mittheilungen erfahren habe, an eine Nachgiebigkeit kaum gedacht werden kann.

Wäre alles dieses auf den engeren Familienkreis von beiden Seiten beschränkt geblieben, so würde das Wünschenswerthe der Brüningschen Versetzung längst nicht so dringend gewesen sein, als es dadurch geworden ist, daß der Referendar Brüning etwas sehr voreilig und nicht ohne Indiscretion nicht nur verschiedenen Bekannten das Verhältniß mitgetheilt, sondern bereits sogar Verlobungsringe und Verlobungskarten bestellt hat. Da hierdurch diese Angelegenheit fast allgemein bekannt geworden ist, so ist mir von beiden Seiten der dringende Wunsch einer baldmöglichsten Versetzung des p Brüning zu erkennen gegeben. Beide Theile wünschen aus Familienrücksichten eine Versetzung nach Göttingen, Hildesheim u Hannover thunlichst ausgeschlossen zu sehen, während Brüning selbst an das Obergericht Osnabrück versetzt zu werden wünscht.

Der Bitte vom 2. Januar 1978 folgte am 4. des Monats die Versetzung zur ferneren Ausbildung an das Obergericht Osnabrück und schon am 10. Januar erhielt man in Celle die Meldung, dass Brüning in Osnabrück eingetroffen sei. Seine Amtseinführung in öffentlicher Sitzung des Großen Senats des Königlichen Obergerichts zu Osnabrück sei erfolgt und der Referendar zu Geschäften des Obergerichts und der Kron-Anwaltschaft zugelassen. Kein Bruch in der Ausbildung, die Störung aus dem privaten Umfeld wurde schnell und sauber abgeräumt.

Der junge Brüning steuerte keinesfalls mit von Zuneigung getrübtem Sinn in ein verderbliches Abenteuer, sondern konnte erwarten, dass die Verbindung gesellschaftlich anerkannt und auch bei seiner Familie als "standesgemäß" gelten würde. Das machte ihn voreilig, nicht leichtfertig. Die Meyers waren angesehene Leute. Der Schwiegervater in spe war Kreishauptmann(8) August Carl Franz Meyer (* 1813 in Hannover; † 17. Dezember 1894 in Hameln), Sohn eines Kaufmanns aus Hannover, verheiratet mit Henriette Friederike Schellschläger (*16. Januar 1830, † 23. Mai 1907). Das Paar hatte vier Kinder, der älteste Sohn wurde später Bürgermeister in Hameln. Von den beiden Töchtern dürfte Georg Brüning die ältere, die 18jährige Mathilde Karoline (* 26. Juli 1859), im Blick gehabt haben. 

In Georgs Elternhaus dachte man anders. Nach dem Tod des Vaters im März 1874 wurde der älteste Sohn Rudolf Brüning (*1835) zum Oberhaupt der Familie. Rudolf war zur fraglichen Zeit 42 Jahre alt und seit 1871 mit Lydia Stens (*1851) verheiratet. Das Paar hatte einen Sohn, Robert (*4.4.1872 in Bonn). Beim Obergericht in Hameln glaubte man aus zuverlässiger Quelle zu wissen, dass die Mutter streng katholisch sei und ihr ältester Sohn eine äußerst strenge ultramontane Richtung verfolge. Leider liegen bisher keine Quellen vor, die einen Eindruck davon vermitteln könnten, wie die konfessionelle Strenge der Familie gelebt wurde und auf welchen Feldern die politische Überzeugung des Senior familiae wirksam wurde. Ein Verlöbnis des jüngsten Sohnes mit einer evangelischen Frau war für die Brünings zu Botzlar in jedem Fall ausgeschlossen, möge dieser noch so von seiner Braut überzeugt und zur Verlobung entschlossen sein.

Die einvernehmliche Versetzung hatte auf die dienstliche Beurteilung der Qualification und Dienstführung des Referendars Dr. jur. Brüning keinen Einfluss. Sein außerdienstliches Verhalten war tadellos und correct, bemerkte Direktor Danckert und beschrieb die fortschreitende Ausbildung in allen Dienstzweigen des Obergerichts, einschließlich der Königlichen Kronanwaltschaft und des Secretariats. Dem Referendar bescheinigte er anerkennend, mit günstigem Erfolge ... eifriges Bestreben nach Fortbildung gezeigt zu haben. Georg Brüning besäße eine gute Auffassung und klares Verständniß der thatsächlichen Verhältnisse, sowie der dafür maßgebenden Rechtsmaterien, so daß ihm, - selbstverständlich unter Controle eines Correferenten, - in letzterer Zeit wichtigere und verwickeltere Referate anvertraut werden konnten.- Es sei nicht zu bezweifeln, schloss der Berichterstatter, dass der Referendar sich bei fernerer gleicher Fortbildung als guter praktischer Jurist zeigen werde, wenn auch nicht gerade hervorragende Leistungen von ihm erwartet werden könnten. (Zeugnis vom 22. Januar 1878)

In Osnabrück war Georg Brüning mit denjenigen Arbeiten betraut ..., die für die Ausbildung zu den gerichtlichen Geschäften geeignet erschienen, also namentlich mit der Erstattung von Verträgen und der Abfassung von Urtheilen und Bescheiden. Der Präsident hatte über die Befähigung, die Aufmerksamkeit und das außerdienstliche Verhalten dieses Referendars nicht zu klagen, merkte aber an, dass der Referendar sich zwar nicht isoliere, aber doch zumeist von der Gesellschaft seiner Berufsgenossen besonders von deren Vergnügungen fern gehalten habe und im Studium wie im Verkehre, die Gemächlichkeit der Anstrengung vorzuziehen scheine. 

Tendenz lustlos, aber Georg Brüning bemühte sich selbst um die nötige Veränderung und stellte nur wenige Monate nach dem Wechsel an das Obergericht Osnabrück den Antrag, zur Ausbildung in den Geschäften des Obergerichtsanwalts Syndikus (Hermann) Dyckhoff (Osnabrück) zugelassen zu werden. Die Initiative fand Zustimmung und der Referendar wechselte zur weiteren Vorbereitung für den Justizdienst von Mitte Mai bis Ende November 1878 auf die Seite der Anwaltschaft. Auch Dyckhoff bescheinigte ihm gute Kenntnisse, eine leichte Auffassung und ... stete Bereitheit zu jeder Facharbeit. Im Geschäftsregister ... des Herrn Dr. Brüning sei aber nicht die übliche Fülle einzelner Leistungen verzeichnet, da man ihm wegen der baldigen Zulassung zum zweiten Examen Zeit für theoretische Studien gewährt habe. Praktische Fälle seien mit ihm beraten worden und Termine habe man gemeinsam wahrgenommen.

Abb. 4 Amtsgericht Bad Iburg

Allerdings stand Georg Brüning Ende des Jahres 1878 keineswegs kurz vor dem Examen, sondern er hatte nachzuholen, was er - wie oben dargestellt - durch seinen Militärdienst versäumt hatte. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1878 wurde er an das Amtsgericht Iburg versetzt. Im September 1879 bemühte er sich um den Abschluss seiner Ausbildung und beantragte die Zulassung zur "großen Staatsprüfung" verbunden mit der Bitte, ihn bis zum Eingang der ... zu erwartenden Entscheidung von den Geschäften des Amtsgericht Iburg geneigtest liberiren [befreien] und ihm erlauben zu wollen, sich bis dahin bei seiner Mutter, der Frau Landesoeconomierath Brüning zu Botzlar bei Bork in Westphalen aufhalten zu dürfen.

In Celle wurde der Antrag unverzüglich bearbeitet und an das Innenministerium weitergeleitet. Appellationsgerichts-Präsident Francke hatte es eilig, er hatte keinen Zweifel, dass Brüning genügend ausgebildet ist, um jetzt zu der zweiten Prüfung zugelassen zu werden und wollte die Berichterstattung noch vor seinem nahe bevorstehenden Ausscheiden aus dem Dienste erledigt wissen. Das Gutachten referierte die Daten zur Person und zum Ablauf des Vorbereitungsdienstes und bezog sich im Übrigen auf die Zeugnisse, von denen das letzte aus Iburg wenige Tage später nachgereicht wurde.

Was die von Georg Brüning mitgebrachten Voraussetzungen für den Justizdienst anging, teilte sein Vorgesetzter in Iburg die durchweg positiven Einschätzungen seiner Kollegen. Dem Ausbildungsfortschritt entsprechend sei der Referendar auch zur selbstständigen Erledigung einzelner geeigneter richterlicher Geschäfte verwendet worden. Allerdings habe er sich noch größere Gewandtheit und Routine anzueignen, auch sich bei schriftlichen Arbeiten und bei der Aufnahme der Protokolle einer kürzeren und mehr concienen [gewissenhaften?] Fassung noch mehr zu befleißigen. Mit den in die Freiwillige Gerichtsbarkeit schlagenden Gesetzen wird er sich noch mehr vertraut zu machen haben.

Abb. 5


Es dauerte bis Ende Juni 1880, dann meldete sich das Justizministerium beim Präsidenten des Oberlandesgerichts Celle:

Justiz-Ministerium                            Berlin, den 29. Juni 1880.
Euer Hochwohlgeboren benachrichtige ich auf den Bericht vom 24. September v. J., daß ich dem Referendar Brüning aus Celle, nachdem derselbe laut Berichts der Justiz-Prüfungs-Kommission die große Staatsprüfung ausreichend bestanden hat, durch Patent vom heutigen Tage zum Gerichts-Assessor mit dem Dienstalter vom 19. Juni 1880 ernannt habe.
Euer Hochwohlgeboren wollen den p Brüning einem Gerichte erster Instanz des Departements zur unentgeltlichen Beschäftigung überweisen und hiervon Anzeige erstatten.
Die eingereichten Akten und Schriftstücke folgen hierbei zurück.
Der Justizminister.
Friedberg

Mit der Ernennung zum Assessor schließt die erste Personalakte des Georg Brüning.

September 2023
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Bildnachweise:
Abb. 1: Oberlandesgericht Celle, Westlicher Gebäudeteil des historischen Gerichtsgebäudes, Foto: Axel Hindemith / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de.
Abb. 2: veikkos.com, Online-Katalog, Nr. w=21354 - besucht am 16.08.2023.
Abb. 3: Amtsgericht Hameln, Foto: AxelHH, Public domain, via Wikimedia Commons.
Abb. 4: Amtsgericht Bad Iburg, AGIBG, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Abb. 5: 
Archiwum Państwowe w Opolu (Staatsarchiv O.) Rejencja Opolska (Bezirksregierung Oppeln) Wydział I (Abteilung I) sygn.677 (Nr. 677), Fotos und Bearb.: dg

Anmerkungen:

Wenn nicht anders zitiert folgt die Darstellung der Akte: Archiwum Państwowe w Opolu (Staatsarchiv Oppeln) Rejencja Opolska (Bezirksregierung Oppeln) Wydział I (Abteilung I) sygn.677 (Nr. 677).
(1) Justizgeschichte des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle), S. 5 - oberlandesgericht-celle.niedersachsen.de - besucht am
27.07.2023.
(2) Justizgeschichte ... OLG Celle, a.a.O., S. 6.
(3) Wilhelm Bleek, Von der Kameral-Ausbildung zum Juristen-Privileg, Berlin 1972, S.166.
(4) Julius Robert Bosse (* 12. Juli 1832 in Quedlinburg; † 31. Juli 1901 in Berlin) war ein deutscher Politiker, zuletzt preußischer Kultusminister. - Wikipedia.
(5) Bleek, ebenda, Anmerkung 9.
(6) Das kleine Gericht in Hameln wurde 1879 aufgehoben und der Bezirk dem Landgericht Hannover zugeschlagen. - Wikipedia, 31.07.2023.
(7) Garnisonsstadt der Einheit war Hildesheim. Das nach 1866 neu aufgestellte Infanterie-Regiment 79 fand mit Regimentsstab, I. und II. Bataillon Quartier in der Kaserne an der Bahnhofsallee und Bürgerquartiere. - hildesheimer-geschichte.de besucht am 31.07.2023.
(8) Eine dem "Landrat" vergleichbare Position: Verordnung, betreffend die Amts- und Kreisverfassung in der Provinz Hannover vom 12. September 1867 aufgehoben durch die Kreisordnung vom 6. Mai 1884.

 
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