aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Von Selm nach Bethlehem - 

Heinrich Glowsky wandert nach Connecticut (USA) aus. (Teil 1/2)

Dieter Gewitzsch[1] 

Heinrich Glowsky wurde am 7. November 1857, abends gegen 7 Uhr geboren und am 11. November des Jahres in Selm von Pastor Evers getauft. Paten waren Heinrich May und Elisabeth Schlütermann. Die Eltern, Luise Durst und Josef Glowsky, waren seit dem 27. Mai 1841 verheiratet und hatten bereits sechs Kinder. Der Vater war seit Februar 1841 Polizeidiener in Selm und die Mutter seit 1843 als Hebamme tätig. Die Familie lebte im Dorf Selm, vermutlich im Haus Nr. 12, gegenüber der Tür zur Kirche, wo dem Vernehmen nach die Hebammen gewohnt haben. Im „Verzeichnis der Getauften“  wurde der Vater bis 1860 mit der alten Schreibweise des Familiennamens als Joseph Glowsque eingetragen. Allein für das jüngste der Geschwister, den 1864 geborene Wilhelm, wurde der Vater mit dem Namen „Glowsky“ notiert.[2]  

Ereignisse, die dem Privatleben der Familie und dem Aufwachsen der Kinder zuzuordnen wären, sind nicht überliefert. Sicher ist, dass Heinrich Glowsky zum Schmied ausgebildet wurde. Nach Abschluss der Elementarschule ist er vermutlich zu einem der örtlichen Schmiede in die Lehre gegangen. Wann und bei wem kann nicht gesagt werden, es gibt über Ausbildung im Handwerk keine Aufzeichnungen. Nach Einführung der Gewerbefreiheit in Preußen (1810) blieb handwerkliche Tätigkeit bis auf weiteres ungeregelt. Ein kontrolliertes Ausbildungs- und Prüfungswesen kam erst gegen Ende des Jahrhunderts mit dem Erstarken der Handwerkervereine und der Einrichtung von Handwerkskammern auf. Anfang der 1870er Jahre, als Heinrich Glowsky in die Lehre ging, erfreuten sich nur die Hufschmiede der besonderen Aufmerksamkeit der Obrigkeit. Der zivilen und militärischen Bedeutung des Pferdes entsprechend, sorgte zunächst der Landwirtschaftliche Hauptverein in Münster dafür, dass die Befähigung zum Beschlagen der Pferde geprüft und bescheinigt wurde. Ab 1885 wurde die Berechtigung zur Vornahme von Prüfungen und Ausstellung von Zeugnissen einer Hufbeschlag Lehranstalt in Münster erteilt, die von einem Tierarzt und einem Corpsroßarzt betrieben wurde.[3] Im Fokus der Qualitätssicherung stand das Wohl der Tiere. Die Prüfungen fanden an wechselnden Orten im Bezirk statt.

Im September 1881 wurden in Lüdinghausen 18 Gesellen resp. Lehrlinge geprüft, unter ihnen die Selmer Wilhelm Grube und Bernhard Rieve, deren Leistungen sogar prämiert wurden. Grube (Platz 1) erhielt 40 Mark und Rieve (Platz 10) immerhin noch 12,50 Mark. Dem Ausbilder, Kreistierarzt Schrulle aus Lüdinghausen, wurde eine Entschädigung von 50 Mark zuerkannt. Die Prüfungsergebnisse wurden im Amtsblatt der Regierung veröffentlicht.[4]

Heinrich Glowsky taucht in der fraglichen Zeit unter den Teilnehmern nicht auf; ob er beim Militär eine Ausbildung zum Hufschmied erhielt, kann noch nicht gesagt werden. Ebenso unbekannt ist, wann und wo er seinen dreijährigen Wehrdienst ableistete. Sein Vater, der Polizeidiener Joseph Glowsky, verstarb am 09.April 1876. Heinrich war damals 18 Jahre alt.

01 Glowsky, Heinrich: Auswanderungsgesuch 02.05.1883

Aktenkundig wurde er als inzwischen 25-jähriger Schmiedegeselle Heinrich Glowsky, wohnhaft zu Selm, mit seinem Auswanderungs-Gesuch, das er unter dem Datum vom 2. Mai 1883 beim Borker Amtmann Döpper stellte.[5] Den Antrag auf Ertheilung einer Entlassungs-Urkunde reichte das Landratsamt zur Entscheidung an die Bezirksregierung weiter. Heinrich Glowsky, im Formular der Bittsteller, wollte aus dem Preußischen Staats-Verbande ausscheiden, um nach Nordamerika auszuwandern und Amtmann Döpper bestätigte, dass aus Sicht des Amtes dem Vorhaben nichts entgegenstünde. Der „Stempel“, die Gebühr in Höhe von 1,50 Mark sei beigefügt. Der Antragsteller habe seiner Militärpflicht genügt und gehöre der „Ersatzreserve II. Klasse“ an. Heinrich Glowsky verlasse das Land, ohne Vermögen mitzunehmen und habe einen wohlüberlegten Entschluß gefaßt. Die Ortsbehörde versah den Bittsteller mit allen vorgeschriebenen Belehrungen und Warnungen, insbesondere, dass er das Recht verlöre, die Wiederaufnahme in den Preuß. Staats-Verband ... zu verlangen. Der von Glowsky zu unterschreibende Text ließ keinen Zweifel, dass diejenigen, welche in verarmten Zustande zurückzukehren versuchen sollten, an der Grenze unnachsichtlich zurückgewiesen würden und sollten sie sich dennoch einschleichen, so werde man sie wie fremde Landstreicher behandeln.

 


Das Formblatt ist Teil eines standardisierten Vorgangs, der gerade Anfang der 1880er Jahre tausendfach abgewickelt wurde. Die Auswanderungen erreichten Rekordzahlen, in der Spitze wurden für das Jahr 1882 in Preußen rund 250.000 Menschen gezählt, die das Land verlassen wollten. Ähnliche Boom-Zeiten waren die Jahre rund um die Revolution 1848/49, die 1860er Jahre mit den Kriegen bis zur Reichsgründung und die Gründer-Krise (1873 ff.). Zur Jahrhundertwende hin verringerte sich die Zahl der Auswanderer stetig.[6]

Im Amt Bork waren es 1883 neben Heinrich Glowsky drei weitere Personen, für die ein Antrag gestellt wurde. Ebenfalls im Mai nahm Amtmann Döpper das Gesuch der Tagelöhnerin Gertrud Schneider aus Bork entgegen. Die 1855 geborene Frau zog es mit ihrem 19 Monate alten unehelichen Sohn, Bernhard Schneider, nach Nordamerika, wogegen der Bohrmeister Friedrich Wilhelm Homann aus Selm nach Rumänien strebte, seinen Antrag aber zurücknahm.

02 Kofferaufkleber

Heinrich Glowsky hatte es eilig. Vermutlich war die Überfahrt schon gebucht, denn er wartete nicht einmal die Aushändigung seiner Entlassungsurkunde ab. Das von der Regierung mit Datum vom 25. Mai 1883 ausgestellte Dokument besiegelte den Verlust der preußischen Staatsbürgerschaft. Aber das Papier erreichte Heinrich Glowsky nicht mehr, für den die Mutter die Urkunde am 5. Juni des Jahres entgegennahm.

Nur einen knappen Monat nach der Antragstellung befand sich Heinrich Glowsky auf dem von der „Holland-America-Linie“ betriebenen Schiff „Amsterdam“ (I).[7]

03 Quartiere in der 3. Klasse

Der genaue Tag der Abfahrt konnte noch nicht ermittelt werden, aber die Ankunft am 15. Juni 1883 in New York ist belegt.[8] Rechnet man gut zwei Wochen für die Überfahrt, so hat das Schiff Ende Mai / Anfang Juni 1883 den Hafen in Amsterdam verlassen und mit Zwischenstopp im nordfranzösischen Boulogne-sur-mer  den Atlantik überquert. Das 2.949 BRT große, aus Eisen gebaute Dampfschiff war 100,61 m lang, 11,81 m breit und hatte zwei Masten, einen Schornstein und einen einzelnen Propeller. Die in Schottland gebaute „Amsterdam (I)“ wurde 1880 in Dienst gestellt und als Transatlantikliner auf dem Nordatlantik eingesetzt, um Passagiere, Fracht und Post von Rotterdam nach New York zu befördern. 52 Passagiere konnten erster Klasse reisen. In der dritten Klasse konnte das Schiff 648 Menschen aufnehmen.

Als die „Amsterdam (I)“ im Juni 1883 in New York eintraf, war die dritte Klasse komplett ausgebucht. Die von Kapitän T.M. Lucas beschworene Passagierliste enthält genau 648 Namen und auf Blatt 4 unter der laufenden Nummer 163 findet sich der Eintrag „Heinrich Glowski“, der sich als „Smith“ aus „Germany“ ausgab und angelandet war, um in den „US of America“ zu bleiben.[9]  

Nun muss man nicht gläubig und/oder bibelfest sein, um dem Satz aus der Genesis „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ etwas abzugewinnen und es darf unterstellt werden, dass der junge Heinrich Glowsky nicht vor hatte, in Amerika für immer Junggeselle zu bleiben. Aber es dauerte doch mehr als sieben Jahre, bis der inzwischen 33-jährige Heinrich Glowsky die neun Jahre jüngere Anna Mohr heiratete. Die Trauung fand am 24. Februar 1891 in Manhattan, New York, statt. Wie und wo der junge Mann die Jahre nach seiner Ankunft in Amerika verbrachte, ist ebenso unbekannt wie die Umstände, unter denen er seine künftige Frau kennenlernte. Es darf aber angenommen werden, dass er zu der großen Gruppe der mittellosen Einwanderer gehörte, die sich erst als Lohnarbeiter verdingen mussten, um das für weitergehende Pläne nötige Geld zu verdienen und anzusparen. In dieser Zeit starb in Selm am 25. Januar 1888 seine Mutter, Louise Durst. Heinrich war dreißig Jahre alt. 

Anna Mohr stammte aus Jagsthausen in Württemberg, wo sie am 11. September 1866 als Tochter des Friedrich August Mohr (*1. August 1839) und der Eva Gottliebin Stölzle (*4. März 1840) geboren wurde. Annas Eltern waren evangelisch und hatten am 21. Mai 1865 geheiratet. Friedrich August Mohr war, wie schon sein Vater, als Gemeindediener beschäftigt.[10] Aber Anna, das älteste Kind der Mohrs, wollte nach Amerika und traf am 10. Oktober 1889 als 23-jährige, offenbar allein reisende Frau mit dem von der „Red Star Line“ betriebenen Schiff „Noordland“ in den Vereinigten Staaten ein.[11] Ihre Überfahrt startete in Antwerpen (Anvers, Belgien) und folgte der Route über Liverpool und Philadelphia nach New York.[12]  Ein Jahr und wenige Monate später heiratete sie im Februar 1891 Heinrich (Henry) Glowsky aus Selm.

04 Hedwig Constance Glowsky

Zu Beginn des folgenden Jahres erblickte die Tochter Hedwig Constance am 29. Januar 1892 das Licht der Welt. Möglicherweise lebte die junge Familie da schon in Bethlehem, County Litchfield, in Connecticut, einem der „Neuengland-Staaten“ an der Ostküste der USA. Jedenfalls sind die Glowskys spätestens im Sommer desselben Jahres (1892) in dem „Village“ mit seinen etwa 550 Einwohnern angekommen. Das geht aus der Zeitung „The Newtown Bee“[13] hervor, die in ihrer Ausgabe vom 25. August 1893 in der Spalte „Bethlehem“  von einem lobenswerten Unternehmen berichtete: Vor etwa einem Jahr, erinnert sich das Blatt, habe ein Henry Glowsky den eine halbe Meile westlich vom Ortskern gelegenen „Old Wagon Shop“ und das dazugehörige Haus gekauft. Damals ein baufällig aussehendes, schwer zu findendes Anwesen. „Mr. Glowsky“ sei engagiert an die Arbeit gegangen, habe Zimmerleute, Maler und Maurer beschäftigt, alten Müll abgeräumt und wäre immer noch damit beschäftigt.

„But what a change”, bemerkte das Blatt anerkennend: Glowsky habe jetzt ein ansehnliches Haus mit einem gepflegten Rasen und stünde in seiner guten Werkstatt bereit, alle Arten von Schmiedearbeiten und Wagenreparaturen gut und solide auszuführen. Zur Geschichte dieses Fotos ergab eine Recherche vor Ort[14], dass Henry Glowsky, sein Sohn Helmuth und ein Helfer abgebildet sind. Angesichts des 1904 geborenen Jungen wird das Bild um 1910 entstanden sein.

05 Henry Glowsky (Mitte) mit Sohn Helmuth und einem Helfer

 

06 Beatrice Dora Glowsky



07 Benedict, Litchfield, Conn.


Im Frühjahr 1894 bekam die sich in Bethlehem etablierende Familie weiteren Zuwachs. Am 8. Mai wurde die Tochter Beatrice Dora geboren. In der Familie sind Fotos der beiden Mädchen überliefert. Die ältere, Hedwig, wurde im Sommer 1892 abgelichtet und die jüngere Schwester Beatrice im Frühjahr 1895. Beide Fotografien machte „Benedict, Litchfield, Conn.“.
Ein „Photo-Studio“ zu bemühen, zeugt zum einen von einem gewissen Wohlstand und könnte zum anderen dem Wunsch geschuldet sein, der Verwandtschaft Zeugnis von der sich vergrößernden Familie zu geben. 

Derweil verfolgte die „Newtown Bee“ penibel das Treiben im Dorf Bethlehem und nahm Anteil. Im Januar 1895 sorgte man sich, dass auch Henry Glowsky am „Typhus-Fieber“ erkranken könne, an dem seine Frau schon seit Wochen litt. Zwei Monate später bemerkte das Blatt, dass der Hausherr nach New York gereist sei. Seine Frau habe sich so sehr erholt, dass sie sich um das Haus kümmern könne.[15] 

Seit 1790 wird in den Vereinigten Staaten alle zehn Jahre eine Volkszählung, der „United States Census“ durchgeführt. Die zwölfte dieser Erhebungen im Jahre 1900 listet Familie Glowsky in Bethlehem mit vier Personen: Henry als „Head“ des Haushalts, Anna als seine Frau und die beiden in Connecticut geborenen Töchter. Die mitten in der Zählung am 9. Juni mit acht Jahren verstorbene Hedwig erscheint noch in der Liste, aber in der Zeile mit den Angaben zur Mutter findet man den von 2 auf 1 korrigierten Eintrag zur Zahl der noch lebenden Kinder. Stichtag für den Zensus war der 1. Juni 1900, gezählt wurde in Bethlehem am 13., 16. und 18. Juni. Der Beruf des Vaters ist mit „blacksmith“ angegeben und zur Bildung der älteren Familienmitglieder wird festgehalten, dass sie lesen, schreiben und Englisch sprechen können. Der sechsjährigen Beatrice bescheinigt die Zählung, dass sie Englisch spricht und lesen (!) kann, aber noch nicht schreibt. Die Familie hatte keine Farm, sondern ein Haus. Der Besitz war frei von Hypotheken.[16]  

Im Juni 1903 füllte die „Newtown Bee“ die Rubrik „Bethlehem“ mit der Ankündigung der „School Exercises“, die am 12. Juli 1903 von den Schülerinnen und Schülern der „Center School“ (Primary) veranstaltet werden. Auf dem Programm standen Einmarsch, Flaggensalut, ein Vortrag und ein Lied aller Schülerinnen und Schüler gefolgt von Schülerbeiträgen aller Art – ein Schulfest, das die Schulgemeinde mit dem gemeinsamen Lied „Vacation Days“ in die Ferien entlässt. Die neunjährige Dora (Beatrice) Glowsky werde „Learning to Sew“ vortragen.[17] Dora wechselte zur „Union School“ (Secondary) und im Sommer 1909 war sie mit einem gesprochenen Beitrag im Programm des jährlichen Schulfestes vertreten. Die inzwischen Fünfzehnjährige trug „Pied Piper of Hamelin“ vor, eine Ballade nach der Geschichte vom Rattenfänger von Hameln, die 1842 von Robert Browning[18] verfasst wurde.[19] 

1904 bekamen die Glowskys in Bethlehem erneut Nachwuchs, Sohn Helmuth Henry wurde am 26. April geboren. Schwester und Bruder trennten zehn Jahre, aber es wird sich zeigen, dass beide, lange Zeit mit der Mutter, einen großen Teil ihres Lebensweges gemeinsam gehen. Wirtschaftlich geht es der Familie wohl gut. In den lokalen Nachrichten war zu lesen, dass sich ein Mr. Minor zwei hübsche braune Pferde zugelegt hat und bei Glowsky einen Marktwagen kaufte.[20] Henry bezeichnete sich selbst als Schmied und Wagenbauer und im August 1905 verriet die allwissende „Biene“, dass er einen Helfer für sein Geschäft eingestellt hat.[21] Im Zensus des Jahres 1910[22] findet man „Blacksmith“ Henry Glowsky dann auch als Arbeitgeber („Employer“) mit eigenem Geschäft aufgeführt.

Mit Beginn der 1910er Jahre scheint auf Seiten der Presse die Zuständigkeit für Bethlehem und lokale Ereignisse allgemein gewechselt zu haben. Jetzt hielt der „Hartford Courant“[23] die Gesellschaft des kleinen Ortes mit Berichten, wer, wen und wo und wann trifft, auf dem Laufenden. So erfahren wir, dass sich das Engagement des 59-jährigen Henry Glowsky nicht auf Familie und Betrieb beschränkte. Im Januar 1911 wählte die Jahresversammlung der „Village Improvement Society“ den selbstständigen Handwerker in ein dreiköpfiges Exekutiv-Komitee.[24] Der Einwanderer aus Westfalen war in der Gesellschaft der Neuengland-Staaten Amerikas angekommen. Für den „Courant“ war die Familie von öffentlichem Interesse, denn der schlichte Vorgang, dass Henry und Frau mit Tochter Dora am Sonntag eine Autofahrt nach Manchester (Connecticut) unternehmen werden, um Mrs. Glowskys Bruder[25] zu treffen, war der Zeitung eine Ankündigung in der Ausgabe vom 22. Juli 1913 wert.

Im selben Jahr (1913) begann Beatrice Dora Glowsky an der „Hartford Training School for Nurses“ eine dreijährige Ausbildung zur Krankenschwester. Die damals 19-jährige wohnte für die Zeit ihrer Ausbildung in Hartford. Vom bestandenen Examen berichtete der „Courant“ mit Bild im Juni 1916. In dem Jahr schlossen 38 Schwesternschülerinnen ihre Ausbildung ab. Einige der jetzt graduierten Schwestern wollten als Oberschwestern am Hartford Hospital bleiben. Andere wollten privat praktizieren oder im öffentlichen Gesundheitswesen u.a. in Wohlfahrteinrichtungen arbeiten. Wie die Zeitung erfuhr, plante keine der Absolventinnen, eine Rotes-Kreuz-Schwester zu werden.[26]

08 Hartford, School for Nurses


Mitte des Jahres 1914 leitete Henry Glowsky die notwendigen Schritte zur Einbürgerung ein.[27] In seinem Antrag an das Bezirksgericht von Waterbury wiederholte er die Angaben zu seiner Herkunft und die Daten der Einreise im Jahr 1883. Fünf Jahre später habe er dem „Superior Court of Litchfield County“ gegenüber die Absicht erklärt, Bürger der Vereinigten Staaten zu werden (10.05.1888). Henry Glowsky schilderte seine Familienverhältnisse, bekannte sich zu allen Forderungen eines angemessenen Lebenswandels und entsagte „absolutely and forever“ einer fremden Macht Untertan zu sein, speziell „William II German Emperor“. Zum Jahresende bekräftigte er das Original der „Declaration of Intention“ mit seinem Eid (15.12.1914). – „Heinrich“ Glowsky kam nach Amerika, um zu bleiben. Gut zwei Jahre nach seiner Erklärung zur Einbürgerung starb der Mann, der schon lange „Henry“ Glowsky war, am 6. Februar 1917 im Alter von 59 Jahren. 

Demnächst Teil 2:

Vom Dorf in die Stadt – Anna Glowsky, geb. Mohr, organisiert das Leben ihrer Familie neu. >>  

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Bildquellen:

01 StA Selm, AB-1 Nr. 539, Glowsky, Heinrich Auswanderungsgesuch 02.05.1883.
02 Kofferaufkleber, "Ballinstadt" Auswanderermuseum Hamburg, Foto Chr. Gewitzsch.
03 Quartiere in der 3. Klasse, "Ballinstadt" Auswanderermuseum Hamburg, Foto Chr. Gewitzsch.
Die Rechte der folgenden drei Abbildungen liegen bei Andreas Reuters, Billerbeck und wurden aktenlage.net durch Karl Glowsky zugänglich gemacht. Danke, dass wir die Bilder hier zeigen dürfen.

  • 04 Hedwig Constance Glowsky 
  • 06 Beatrice Dora Glowsky 
  • 07 Logo Benedict's 

05 Henry Glowsky mit Sohn Helmuth und einem Helfer – Sammlung Glowsky.
08 Hartford Courant Foto School for Nurses newspapers.com.

Anmerkungen:

[1] Der Beitrag entstand, als der Familienforscher Karl Glowsky die Frage, ob er wisse, was aus dem 1883 von Selm nach Amerika ausgewanderten Heinrich Glowsky geworden sei, bejahte und von seinem Urgroßonkel zu erzählen begann. Mehr noch: Karl Glowsky gewährte aktenlage.net großzügig Einblick in das, was er mit seinem Sohn David zusammengetragen und zeitweise auf einer Familien-Website veröffentlicht hat. Herzlichen Dank. 
[2] Kirchenbücher St. Ludger bei matricula-online.
[3] Amtsblatt Regierung Münster, 13.06.1885, S. 113. 
[4] Amtsblatt Regierung Münster, 28.01.1882, S. 14.
[5] StA Selm, AB-1 Nr. 539.
[6] Hennigs, Annette, Genealogie im Staatsarchiv: Quellen zu Auswanderern aus Westfalen – Veröffentlichung des LAV NRW W, Download 04.08.2020.
[7] Wikipedia: Amsterdam (Schiff, 1880) 07.03.2021 – Alle Angaben zum Schiff s. ebenda. – Ein gutes Jahr nach Heinrich Glowskys Überfahrt lief das Schiff unter demselben Kapitän am 30. Juli 1884 vor Nova Scotia (Kanada) auf Grund. Drei Menschen kamen ums Leben, das Wrack der „Amsterdam (I)“ wurde zum Abbruch verkauft. Die HAL (Holland-Amerika-Linie) stellte zwei weitere Schiffe mit dem Namen Amsterdam in Dienst, deshalb die nachträgliche Zählung (I).
[8] Registrierung in New York und Angaben auf den Einbürgerungsantrag.
[9] Register Einwanderung „Heinrich Glowski“: ancestry.com.
[10] Landeskirchliches Archiv Stuttgart > Dekanat Neuenstadt am Kocher > Jagsthausen > Mischbuch 1864-1891 Band 8, Bilder 17 und 202 – digitalisiert bei: www.archion.de.
[11] New York, U.S., Arriving Passenger and Crew Lists, Einreise Anna Mohr: ancestry.com.
[12] Das 5212 BRT große Dampfschiff Noordland wurde auf der Werft Laird Brothers in Birkenhead für die Red Star Line gebaut und lief am 1. November 1883 vom Stapel. Das 121,9 Meter lange und 14,3 Meter breite Schiff hatte einen Schornstein, vier stählerne Masten und einen vierblättrigen Einzelpropeller. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 13 Knoten (24 km/h). An Bord war Platz für 619 Passagiere (63 Erste Klasse, 56 Zweite Klasse, 500 Dritte Klasse). Mittschiffs im Deckhaus befand sich der Hauptsalon, der von einem domartigen Oberlicht gekrönt wurde. Darüber erstreckte sich das fast 50 Meter lange Promenadendeck. Die Kabinen befanden sich unterhalb des Salons auf dem Hauptdeck. – Wikipedia, 09.03.2021.
[13] Die Zeitung wird im Folgenden mit TNB abgekürzt angeführt. – The Newtown Bee has been the hometown newspaper and news outlet of Newtown, Connecticut, since June 1877. – newtownbee.com/contact-us/.
[14] Wendy Kirchofer an David Glowsky, Brief vom 30.01.2005.
[15] TNB vom 25.01. und 15.03.1895 – newspapers.com.
[16] Angaben aus dem US-Census in allen Fällen: ancestry.com.
[17] TNB vom 26.06.1903 – newspapers.com.
[18] Robert Browning (* 7. Mai 1812 im Londoner Stadtteil Camberwell; † 12. Dezember 1889 in Venedig) war ein englischer Dichter und Dramatiker.
[19] TNB vom 25.05.1909 – newspapers.com.
[20] TNB vom 17.05.1901 – newspapers.com.
[21] TNB vom 11.08.1905 – newspapers.com.
[22] Angaben aus dem US-Census in allen Fällen: ancestry.com.
[23] Die Zeitung wird im Folgenden mit HC abgekürzt angeführt – The Hartford Courant ist eine US-amerikanische Tageszeitung in Connecticut. Sie hat ihren Sitz in Hartford. Sie ist die auflagenstärkste in diesem Bundesstaat und gilt auch als eine der ältesten kontinuierlich herausgegebenen Zeitungen in den USA. – Wikipedia.
[24] HC vom 17.01.1911 – newspapers.com.
[25] vermutlich Friedrich Mohr, *04.05.1869, 
der ebenfalls auswanderte und als 18-jähriger am 10.09.1887 in New York als Einwanderer registriert wurde. Annas jüngerer Bruder starb am 9. September 1943 und wurde in Manchester, Hartford County CT beigesetzt.
[26] HC vom 12.06.1916 – newspaprs.com.
[27] Henry Glowsky, Petition for Naturalization vom 06.06.1914 und Declaration of Intention vom 15.12.1914 – ancestry.com.

 
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