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Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Kreis-Physikus und Kreis-Chirurgus

Christel Gewitzsch

Im August 1816 teilte das Königlich Preußische Medizinal-Kollegium mit, dass in allen zehn Kreisen des Regierungsbezirks Münster ein Kreisarzt und ein Kreiswundarzt eingestellt werden sollten. Es erging die Aufforderung:
Diejenigen Herren Aerzte und Wundärzte, welche dgl. Anstellung wünschen, sich dazu geeignet erachten, und der schriftlichen und mündlichen Prüfung sich zu unterziehen bereit sind, haben dieses – in sofern es nicht schon früher an das Königl. Ober-Präsidium oder an die Königliche Regierungs-Commission erfolgt ist – binnen 14 Tagen und anzuzeigen.[1]

Ein halbes Jahr später wurden Ärzte, die sich für diese Anstellung interessierten, in sieben Kreisen erneut aufgefordert, sich mit einem Lebenslauf in lateinischer Sprache und den notwendigen Dokumenten zur Ausübung einer Praxis in Münster zu bewerben.

Der Kreis Lüdinghausen war in dieser zweiten Amtsblattmeldung nicht genannt worden, was bedeutete, dass dort der frühere Kreisarzt noch verfügbar war. In einem Brief an den Landrat vom Oktober des Jahres, in dem es um die Beurteilung von Bewerbern für das Amt des Kreiswundarztes ging, gab – laut Unterschrift – der vorherige Kreis-Physikus Gerbaulet sein Urteil ab. Gerbaulet war zur Zeit der fürstbischöflichen Regierung angestellt gewesen als Amtsmedic[us] und Amtschirurg[2] im ehemaligen Amt Werne. Münster hatte ihn noch 1816 als Kreisphysikus in Vorschlag gebracht und Gerbaulet wünschte ebenfalls, wieder eingestellt zu werden. Aber offiziell geschah dies erst am 12. November 1820.

Aufgaben

Der Landrat als Kreispolizeibehörde war gleichzeitig die Medizinalpolizei des Kreises. Kreisphysikus (Kreisarzt), Kreischirurgus (Wundarzt) und Kreistierarzt unterstützten ihn in allen Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege.[3] Der Kreisphysikus beriet die Verwaltungsbehörde über notwendige Maßnahmen in medizinisch-sanitätspolizeilichen Angelegenheiten und konnte kommissarisch mit deren Ausführung beauftragt werden. Die  Gerichte zogen ihn als Sachverständigen hinzu. Der Landrat war nicht der Vorgesetzte des Kreisarztes, doch erteilte er ihm Aufträge und attestierte dies, damit Diäten und Reisekosten beantragt werden konnten, auf die der Kreisarzt neben seiner Vergütung einen Anspruch hatte. 1816 wurden dem Kreisarzt 200 und dem Wundarzt 100 Taler Gehalt zugebilligt.  Neben dieser öffentlichen Aufgabe betrieben sie weiterhin ihre Privatpraxen.

Eine Instruktion der Regierung in Minden von 1819 listet die Aufgabenbereiche des Kreisphysikus und -wundarztes so auf:
§. 2. Ihre Obliegenheiten sind hauptsächlich folgende:
a) die Sorge für den allgemeinen Gesundheitszustand des Kreises;
b) die Behandlung der armen Kranken und Verunglückten, Gefangenen, sofern nicht dazu besondere Aerzte und Wundärzte angestellt sind, ferner der kranken Gensd’armen;
c) die Angabe und Ausführung allgemeiner Sicherungs-. Heilung- und Verhaltungs-Maßregeln bei ausbrechenden Seuchen unter Menschen und Vieh;
d) die medizinisch-gerichtlichen und polizeilichen Untersuchungen aller Art und die Ausarbeitung der dabei erforderlichen technischen Gutachten;
e) die Aufsicht über das medizinische Personal, d.h. über Aerzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Apotheker, Hebammen u. s. w.;
f) die Abfassung der vierteljährlichen Sanitäts-Berichte...
[4]

Es folgen 13 weitere Paragrafen mit detaillierten Angaben zu den oben angeführten Bereichen. Besonderen Wert legte die Regierung offensichtlich auf die regelmäßig abzuliefernden Sanitätsberichte. Dazu veröffentlichte die Regierung im Januar 1818 ausführliche Instruktionen. Beginnen sollten die Berichte mit Informationen über das Wetter und den Einfluss desselben auf die Gesundheit von Mensch und Tier, sowie über das Auftreten von schädlichen Insekten. Danach war auf den allgemeinen Krankheits- und Gesundheitszustand der Bevölkerung einzugehen. Der zweite Fokus legte sich auf die Medizinalpersonen in den jeweiligen Kreisen, über deren Verhalten das Medizinalkollegium in Münster unterrichtet werden wollte. Veränderungen beim medizinischen Personal waren ebenfalls zu melden. Sogar zu wissenschaftlichen Medizinal-Angelegenheiten sollten sich die Kreisärzte äußern. Neue Entdeckungen, Beobachtungen und Versuche, die für medizinische Wissenschaft und Kunstausübung ein Interesse haben und weiterer Prüfung werth scheinen.[5]

Zwei Monate später verfasste das Medizinal-Kollegium eine weitere umfangreiche Anleitung für die Kreisärzte. Hierbei ging es um das Verfahren bei Besichtigungen und Leichenöffnungen in medizinisch-gerichtl. Fällen.[6] Obwohl das Kollegium eigentlich davon ausgehen wollte, dass es für alle Ärzte eine Selbstverständlichkeit sei, sich mit diesem Gebiete hinlänglich vertraut gemacht [zu] haben, waren die Berichte und Gutachten aber vielfach so ungenügend, dass sie die Kriminal-Untersuchungen, statt solche aufzuklären, nur noch mehr verdunkel[ten].

Den Kreisärzten wurden vielfältige Anweisungen zuteil: Ratschläge zum gründlichen Studium mit Buchempfehlungen, Hinweise zu den gesetzlichen Bestimmungen und Ermahnungen zu größter Sorgfalt bei der Arbeit. Was protokolliert werden sollte; was genau bei der äußeren Besichtigung des Körpers in Augenschein genommen werden musste und in welcher Reihenfolge dies zu geschehen hatte; wie die innere Untersuchung ablaufen sollte - kein Eingeweide darf ununtersucht bleiben – und wer bei dem Vorgang anwesend sein musste.  All das wurde ihnen noch einmal eindringlich mit dem Zusatz ans Herz gelegt, sich auf jeden Fall bei allen Berichten einer verständlichen Sprache zu bedienen. Um dem Schreiben die nötige Bekräftigung zu verschaffen, endete die Instruktion mit dem Hinweis:
Wer gegen diese Vorschriften sich Nachlässigkeiten zu Schulden kommen läßt, hat es sich selbst beizumessen, wenn er keine Gebühren erhält und nach den Umständen mit einer nachdrücklichen Ordnungsstrafe belegt wird. Sollte ein Kreisarzt wider Verhoffen wiederholt dagegen handeln, so würde diese den Antrag an die höhere Staatsbehörde um seine Amts-Entsetzung begründen.

Um den Kreisärzten und – ab September 1832 – den Kreiswundärzten eine ausreichende Autorität zu verleihen, durften sie Uniform tragen. Die offizielle Begründung war: ..., daß die Stadt- und Kreis Physiker wegen der mannigfachen Berührungen, in welche sie mit Personen kommen, die daran gewöhnt sind, ihre Vorgesetzten durch eine auszeichnende Kleidung unterscheiden zu sehen, und besonders wegen der Geschäfte, welche diese Offizianten jetzt bei den Militair-Lazarethen und bei der Landwehr haben, mit einer Amtskleidung versehen werden.[7] 

Arbeitseinsätze im Amt Bork

Die Kreisärzte waren – ihren vielfältigen Aufgaben entsprechend – auf zahlreichen Gebieten im Amtsbezirk tätig.[8] Von der Arbeit der Kreiswundärzte ist in den Akten nicht viel zu lesen. Häufig und regelmäßig kümmerte sich der Kreisphysikus um die Hebammen, deren Ausrüstung sie überprüften und nötigenfalls für Ergänzungen und Erneuerungen sorgten. Sie erstellten Qualifikationsatteste über Kandidatinnen und überprüften die Frauen auch im Laufe ihrer Berufsausübung.

Die Kreisärzte wurden laufend über Veränderungen bei den Medizinern in den Gemeinden unterrichtet. Manchmal wurden sie vor der Genehmigung einer Niederlassung um ihr Urteil gebeten. Ihre Einschätzungen zum Charakter und zur Qualifikation der Ärzte etc. mussten sie in vierteljährlichen Berichten an das Medizinal-Kollegium einsenden.

Besonders dringend und notwendig waren die kreisärztlichen Kontrollen und Maßregeln beim Auftreten ansteckender Krankheiten. Die eingeschalteten Ärzte setzten den Kreisarzt in Kenntnis. Sie äußerten sich über die Umstände des Krankheitsausbruchs und welche Vorsichtsmaßnahmen und Behandlungen eingeleitet worden waren, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren und den Kranken zu helfen. Beim Ausbruch von Pocken, Masern, Tuberkulose u.ä. verschafften sich die Kreisärzte auch persönlich einen Überblick über die Situation, kontrollierten die Gründlichkeit der erforderlichen Maßnahmen und mussten auch schon mal bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Ärztekollegen mit fachlichem Rat zur Seite stehen.

Bei den Schulen waren die Überprüfungen besonders wichtig, weil sich von dort aus Krankheiten geschwind ausbreiten konnten. Wenn die Ansteckungsgefahr zu groß erschien, waren die Gutachten der Kreisärzte gefragt, um über Schulschließungen eine Entscheidung treffen zu können. Dafür war der Landrat zuständig, der sich bei der Regierung allerdings rückversichern musste.


Knabe I sitzt auf richtig konstruierter Schulbank.


Für die Schulen waren die Kreisärzte auch vorsorglich unterwegs. Sie sahen sich die Gebäude, Klassenzimmer und Pausenhöfe an und drängten bei unhygienischen Verhältnissen oder anderen gesundheitlichen Gefährdungen auf Abhilfe. Die Verantwortung für die Beseitigung bedenklicher Zustände, z.B. bei den Aborten, deren Entleerung und Desinfektion, bei feuchten Wänden, schlechten Lichtverhältnissen etc., lag beim Amtmann in seiner Eigenschaft als örtliche Medizinal-Polizei.  

Veränderungen 1899

Mit dem Kreisarztgesetz vom 16. September 1899 reagierte Preußen, alarmiert durch die Choleraepidemie von 1892 und der drohenden Gefahr eines Pestausbruchs, auf die gewachsenen Anforderungen an die Mediziner durch die wissenschaftliche Weiterentwicklung. Die Institution des Kreisphysikus schien für diese Herausforderungen nicht mehr geeignet zu sein. Mit diesem Gesetz wurde er offiziell vom Kreisarzt abgelöst, der in manchen Bezirken hauptamtlich, also vollbesoldet, angestellt wurde.

Das Gesetz, das wegen vieler noch zu erlassener Ausführungsbestimmungen in seinen wesentlichen Teilen erst 1901 gültig wurde, stellte höhere Anforderungen an die Kreisärzte, verschaffte ihnen aber auch eine bessere Besoldung, Pensionsansprüche und einen größeren, selbstverantwortlichen Zuständigkeitsbereich.

Kreisphysikanten und Kreischirurgen im Kreis Lüdinghausen

Der erste eingestellte Kreisphysikus für den Kreis Lüdinghausen war – wie schon oben beschrieben – der 1765 in Harsewinkel[9] geborene Hermann Gerbaulet. Der Doktor der Medizin war von 1816 (1820) bis zu seinem Tode 1846 im Amt. Bis 1845 war er auch Inhaber der Adlerapotheke in Werne, die von einem Provisor geführt wurde. Wegen Kränklichkeit und Altersschwäche ließ er sich bei auswärtigen Geschäften seit 1843 vertreten und zwei Monate vor seinem Tode wurde Dr. Wilkinghoff aus Nordkirchen zu seinem Stellvertreter ernannt. In der Meldung des Landratsamtes an die Regierung darüber heißt es, … der Kreis verliert an ihn einen Arzt, welcher während seiner 56 jährigen Praxis und 30 jährigen Verwaltung der Kreis-Physikus Stelle seine Berufs Geschäfte mit gewissenhafter Treue und Redlichkeit nach Kräften erfüllt, und sich die Achtung aller Kreis Eingesessenen im höchsten Grade erworben hat.[10] Neun Tage nach seinem Tod meldete Werne die Versendung seines Rothen Adler Ordens IV. Klasse an die Königliche General-Ordens-Kommission zu Berlin.

Nach einigen Monaten der Stellvertretung übernahm Dr. Wilkinghoff Anfang 1847 die Kreisarztstelle, die er bis 1877 innehatte. Ein Jahr nach seiner Festanstellung verdiente er sich eine belobende Anerkennung[11] seitens der Regierung in Münster. Er hatte „Verhaltensregeln bei ausgebrochener Pockenkrankheit“ zusammengestellt, die von der Regierung gedruckt und zuerst an die Pfarrer verteilt wurden. Wenn die Krankheit auftrat, sollte jeder betroffene Familienvater ein Exemplar erhalten. Als Wilkinghoff 1878 starb und Dr. Wynen vorübergehend die Verwaltung der Stelle übertragen wurde, ließ die Regierung Wilkinghoffs Erben ermitteln, um von diesen die nötigen Akten an Wynen aushändigen zu lassen.

Der Student der Medizin Wilhelm Wilkinghoff aus Bonn wurde als einziger Sohn damit betraut und das erstellte Verzeichniß der Amtspapiere und sonstiger Inventarienstücke des verstorbenen Dr. Wilkinghoff[12] gibt einen Eindruck von der Arbeit des Kreisarztes. 26 Positionen sind dort verzeichnet. Regierungsamtsblätter, 20 Hebammentagebücher, Sammelmappen zu den Themen Hebammen, gerichtliche Untersuchungen und Apotheken; zur Huflandschen Stiftung, Medizinalordnung, Medizinalpolizei und Medizinalpersonen; weitere Mappen zum Physikat des Kreises, zu ärztlichen Attesten, Sanitätsberichten, Epidemien und ansteckende Krankheiten, Impfsachen, Schulsachen etc. Die beiden letzten Positionen sind unerledigte Schriftstücke und Briefe und ein Siegel in Messing mit einem Preußischen Adler und der Umschrift „Kön. Pr. Kreis Physikus“.

Dr. Wynen, praktischer Arzt aus Ascheberg, hatte sich schon 1862 zur Physikatsprüfung angemeldet. 1869 schreibt Wilkinghoff auf eine Anfrage des Landrats wegen der Besetzung einer Kreiswundarztstelle, dass Wynen die schriftliche Prüfung bestanden habe und nun zur mündlichen und praktischen Prüfung angemeldet sei. Als Wilkinghoff verstorben war, bewarb sich Wynen um seine Nachfolge. Nach kurzer Verwaltung der Stelle übertrug der Minister der geistlichen pp Angelegenheit ihm das Kreisphysikat in einem Reskript vom 15. Juni 1878 mit der Anweisung, seinen Wohnsitz nach Lüdinghausen zu verlegen. Dem ist Wynen wohl nicht nachgekommen, denn der Absendeort seiner Briefe blieb immer Ascheberg. Trotzdem wurde ihm 1883 vom Kaiser und König das Patent eines Sanitätsrats verliehen. Von der Arbeit des Dr. Wynen ist fast ausschließlich in den Akten über die Hebammen zu lesen.

Im Jahr seiner Auszeichnung beantragte Wynen zur Wiederherstellung seiner Gesundheit einen vierwöchigen Urlaub. Danach nahm er für ein Jahr die Amtsgeschäfte wieder auf, bis er sich für drei Monate als dienstunfähig abmeldete. Die Auszeiten wurden ihm gewährt, doch verstarb er nach eineinhalb Monaten am Heiligen Abend 1884 in Köln. Sein Gehalt von 225 Mark zahlte die Regierung von Januar bis einschließlich März an den Sachwalter seiner drei mündigen und drei unmündigen Kinder, den Maurermeister Gottfried Merten aus Ascheberg.

Während seiner „Urlaube“ war Dr. Wynen von dem Kreis-Wundarzt Sanitätsrat Dr. Hövener aus Werne vertreten worden, der im April 1885 zum neuen Kreisphysikus ernannt wurde. Ihm gestattete die Regierung von Anfang an die Beibehaltung seines Wohnsitzes in Werne.  

Am 9. Juni 1892 informierte sein Sohn, ebenfalls ein Dr. Hövener aus Werne, den Landrat über den Tod seines Vaters am 7. des Monats. Die Erbin des Kreisphysikus war seine Witwe Antonia, geborene Giese. Auch sie bekam für die folgenden drei Monate das Gehalt weiter ausbezahlt. Der Sohn reichte das Verzeichnis der Amtspapiere ein. Er offerierte den Schrank für deren Aufbewahrung für zwanzig Mark, da dieser zum selben Preis übernommen worden war. Nur wollte er noch wissen, wer die Kosten für den Transport desselben übernehmen musste.

Seit 1885 war anstelle des Hövener Dr. Bockeloh aus Lüdinghausen als Kreiswundarzt tätig. Und er folgte Hövener nun auch als Kreisphysikus. Er bekam ordnungsgemäß die Akten und gab die Rechnung für deren Transport durch den Fuhrmann Overtheil aus Lüdinghausen über zwölf Mark an das Landratsamt weiter. Ob der Schrank mitgeliefert worden war, bleibt unbeantwortet.

In die Zeit Bockelohs fallen die Änderungen, die durch das Kreisarztgesetz von 1899 hervorgerufen wurden. Im Oktober 1900 erhält der Arzt die Aufforderung des Regierungspräsidenten, sich an einem psychiatrischen Fortbildungskursus von zwei Wochen in Göttingen zu beteiligen. Im April 1901 wird ihm mitgeteilt, dass die Kreisarztstelle ihm vom 1. des Monats an zugedacht sei und er unter allen Umständen die Arbeit weiterführen, bzw. übernehmen solle, auch wenn die offizielle Bestallung bei ihm noch nicht eingetroffen sein sollte. Hinsichtlich der Dienstbezüge erfährt er, dass ihm nun als nichtvollbesoldeter Kreisarzt einstweilen für das 1. Vierteljahr ein Jahressatz von 1800 M gezahlt wird.

Das Dienstsiegel der bisherigen Kreisphysikatsstelle gibt er zurück an den Landrat. Neben seiner regulären Tätigkeit wird ihm ans Herz gelegt, sich mit den neuen Anweisungen vertraut zu machen und die Vorschriften bei [seiner] amtlichen Thätigkeit als Richtschnur dienen zu lassen. Auch von seiner Arbeit ist in der Akte über das Hebammenwesen zu lesen und in der über gemeingefährliche Krankheiten.

Am 16. Oktober 1906 erleidet der Kreisarzt Medizinalrat Dr. Bockeloh einen Schlaganfall, an dessen Folgen er, noch völlig besinnungslos, darnieder liegt, so daß er aller Voraussicht nach noch auf länger Zeit seine Dienstgeschäfte nicht wird erledigen können. Zwei Tage später stirbt er.

Über die Kreis-Chirurgen/Kreiswundärzte steht nicht viel in den Akten. Von 1816 bis 1835 war es ein Herr Brevis aus Drensteinfurt. Sein Nachfolger Wickel fiel besonders wegen Abwesenheit auf – er musste Familienangelegenheiten in Saarbrücken erledigen. 1845 gab er die Stelle auf, auch weil seine (frühere?) Trunksucht zum Thema wurde. Der Wundarzt Karl Heinrich Holtkamp aus Herben übernahm für knapp zwanzig Jahre die Stelle. Es folgten die späteren Kreisärzte Hövener und Bockloh und zum Schluss des Jahrhunderts Dr. Hegemann aus Werne, der aber zuerst nur verwaltend arbeiten durfte, weil er die Physikatsprüfung beim ersten Mal nicht bestanden hatte. 
Oktober 2019
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[1] und folgende Zitate: LAV NRW W, Kreis Lüdinghausen Landratsamt, Nr. 257.
[2] LAV NRW W, Medizinal-Kollegium Münster, Nr. 42.

[3] Zur Unterscheidung siehe: Medizinalpersonen im Amt Bork >>
[4] Rönne, Simon, Das Medicinal-Wesen des Preußischen Staates, 1. Teil, Breslau 1844, S. 206.
[5] Amtsblatt der Regierung in Münster, Jahrgang 1818, Nr. 7, S. 44.
[6] Amtsblatt, Jahr. 1818, Nr. 11, S. 78f.
[7] Rönne, S. 122.
[8] Hier folgt nur eine Zusammenfassung. Mehr über die Arbeit kann in den Artikeln, die Medizinal- und Schulangelegenheiten behandeln, nachgelesen werden.
[9] Biografische Angabe teilweise aus: Alfred Smierszchala, Kurzgenealogie Gerbaulet, Werne, Spuren.
[10] LAV NRW W, Kreis Lüdinghausen Landratsamt, Nr. 257.
[11] StA Selm, AB-1 – 493.
[12] und weitere Zitate: LAV NRW W, Nr. 257.

 
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