aktenlage
Zeitschrift für Regionalgeschichte Selm und Umgebung - ISSN 2366-0686

Kriegervereine im Amtsbezirk Bork (Teil 3 - Schluss)

Dieter Gewitzsch

Die Beiträge zur Geschichte der Kriegervereine im Amtsbezirk Bork beziehen ihren Stoff in erster Linie aus dem Schriftwechsel der Verwaltung, die in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde von den übergeordneten Behörden für die unterschiedlichsten Anliegen in Anspruch genommen wurde und auch mal aus eigenem Antrieb für die Sache der Kriegervereine aktiv wurde.

Aufruf des Amtmanns Busch (1896)

In der Gemeinde Altlünen gab es neben dem schon erwähnten Krieger- und Landwehrverein „Wethmar“ noch den „zu Altlünen“, dessen Vorsitzender H. Trillmann dem Borker Amtmann Busch im März 1895 den Wechsel des Vereinslokals meldete. Man werde sich bis auf Wiederruf beim Gastwirth Wilhelm Wienecke in Nordlünen treffen. Nun fanden in Altlünen aber nicht alle gewesenen Soldaten den Weg in den Kriegerverein und das bereitete Amtmann Busch so sehr Sorgen, dass er zu einem ungewöhnlichen Mittel griff und den Polizeidiener Keitgen am 19. Januar 1896 einen Aufruf verbreiten ließ: 

Aufruf!

Da auffallenderweise immer noch Eingesessene der Gemeinde Altlünen, welche im Heere oder in der Marine gedient haben, nicht Mitglieder der Krieger-Vereine sind, so drängt es mich, an alle Männer, welche des Königs Rock in Ehren getragen haben, die inständige Bitte zu richten, doch jetzt ohne Ausnahme den Vereinen beizutreten. Die Kriegervereine können nur dann, wenn sie alle gewesenen Soldaten in recht treuer Kameradschaft zu ihren Mitgliedern zählen in Wirklichkeit das sein, was sie sein sollen, nämlich feste unerschütterliche Stützen für Thron und Altar.

Mögen also die bevorstehenden Festlager der 25jährigen Jubelfeier der Wiederaufrichtung unseres deutschen Kaiserreichs und des Geburtsfestes Seiner Majestät unseres Kaisers alle ehemaligen Soldaten vom ältesten Veteranen bis zum jüngsten Reservisten unter den Fahnen der Kriegervereine versammelt sehen.

Mit kameradschaftlichen Gruße
Busch
Amtmann 

Zur „Stütze für Thron und Altar“ warb der Borker Amtmann für eine Art Fortsetzung des aktiven Militärdienstes in einem Kriegerverein, seinen Aufruf richtete er ohne Unterschied an alle ehemaligen Soldaten. Busch lag damit ganz auf der Linie des Innenministeriums, das sich 1895 veranlasst sah, die gewünschte Struktur des Kriegervereinswesens ausdrücklich zu beschreiben und die Aufgabe der Vereine klarzustellen.[1] In Berlin hatten sich Spezialvereine wie die „Ritter des Eisernen Kreuzes“ von den allgemeinen Kriegervereinen abgesetzt, was den Wünschen der Regierung gleich in doppelter Hinsicht zuwider lief. Man fürchtete „Sondergeist und Zersplitterung“ und erinnerte daran, dass sich die Kriegervereine auf den Bezirk einer Ortspolizeibehörde oder doch einer landräthlichen Behörde beschränken sollten, um in einem überschaubaren Raum alle Ehemaligen vom ältesten Veteranen bis zum jüngsten Reservisten unter den Fahnen zu versammeln (Busch). Nur so könne der im Felde erprobte und mit Ehrenzeichen geschmückte Kamerad den vollen Einfluß auf den jüngeren üben und die hohen Ziele des Kriegervereinswesens mit ganzer Kraft fördern helfen.

Im Landratsamt und bei den Ortspolizeibehörden war also bekannt, dass das Ministerium keine elitären Clubs wollte, sondern eine an die Verwaltungsbezirke des Staates angeschlossene Massenorganisation mit einer klaren und begrenzten Aufgabenstellung:
Pflege und Bethätigung der Liebe für Kaiser und Reich,
Belebung des kameradschaftlichen Geistes … [und]
Veranstaltung militärischer Leichenbegängnisse für verstorbene Mitglieder.[2]

Pflege und Bethätigung der Liebe für Kaiser und Reich

Die von Busch gewählte Formel „Thron und Altar“ erinnert an Beschreibungen des Verhältnisses von Kirche und Staat. Ein „Bündnis“ von Thron und Altar brachte man zu der Zeit aber eher mit der evangelischen Kirche in Verbindung, die als gehorsame, treue Stütze des (preußischen) Staates wahrgenommen wurde. 

Belebung des kameradschaftlichen Geistes

Die „Normalsatzung“ bestimmte nicht nur den Zweck der Kriegervereine und regelte Fragen der Mitgliedschaft; das Statut setzte auch den Rahmen für das Vereinsleben selbst. Die regelmäßige Versammlung im Vereinslokal war der Ort der Erledigung aller Geschäfte. Die Verhandlungen hatten aber jede Erörterung politischer und religiöser Angelegenheiten auszuschließen. Es galt die gesetzliche Vorschrift, dass Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen … mindestens 24 Stunden vor dem Beginn … bei der Ortspolizeibehörde anzuzeigen seien.[3]

Als im März 1893 Verstöße bekannt wurden, sah sich die staatliche Aufsicht (Innenminister) veranlasst, die Ortsbehörden darauf hinzuweisen, dass von dieser Bestimmung … nicht abgewichen werden darf. Zuwiderhandlungen seien als Missbrauch des Versammlungs- und Vereinigungsrechts (Verordnung vom 11. März 1850) zu werten und die Behörden hätten zu erwägen, ob gegen den betreffenden Verein wegen Nichteinhaltung seiner Satzungen im Aufsichtswege einzuschreiten sei.[4] 

Großzügiger handhabte man dagegen alles, was einen eindrucksvollen Auftritt der Kameraden in der Öffentlichkeit begünstigte. Gelegenheit boten die nationalen Gedenktage, die den verschiedensten historischen Ereignisse[n] gewidmet waren, vor allem aber den Schlachten des deutsch-französischen Krieges von 1870/71.[5] Amtmann Busch hebt 1896 in seinem Aufruf die 25jährigen Jubelfeier der Wiederaufrichtung unseres deutschen Kaiserreichs hervor und erinnert an die jährlich anstehende Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät (Wilhelm II, *27. Januar 1859).

Zu den Gedenktagen gab es nicht nur das gern erinnerte „Schulfrei“, die Obrigkeit sah sich bewogen, auch auf anderen Feldern die sonst geübte Strenge aus passenden Anlässen aufzuweichen. Der bevorstehende Geburtstag Sr. Majestät war der 1893 der Bezirksregierung Grund genug, Kriegervereinen das Führen einer noch nicht genehmigten Fahne zu gestatten.[6] Zwei Jahre später war es schon Sache des Kriegsministeriums in Abstimmung mit dem Generalkommando die Landräte zu ermächtigen, im Hinblick auf die bevorstehende Feier des Sedantages … denjenigen Kriegervereinen, deren Gesuche um Gestattung der Führung von Fahnen eingeleitet aber noch nicht erledigt sind, sowie auch solchen Vereinen, welche noch nicht drei Jahre in der Stärke von 50 Mitgliedern bestehen, die Führung ihrer Fahnen am Sedantage widerruflich zu gestatten, sofern hiergegen im Einzelfalle keine Bedenken obwalten.[7] Der Vorgang wurde zur Routine, 1896 betraf der gleiche Text die Teilnahme der Kriegervereine an der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Wittekindsberge [Porta Westfalica].[8]

Zu Festen und Feiern sollten Fahnen wehen, dafür war man offenbar bereit, Spielräume zu eröffnen, wo sonst unmittelbare Kontrolle angesagt war. In der Akte „Vereinswesen“ des Amtes Bork sind nur drei Telegramme zu finden, alle mit Abfragen zu den Kriegervereinen. Im Oktober 1896 interessierte man sich wieder für die „Stärke“ der Vereine, also fragte das Landratsamt telegrafisch: Wie viel Mitglieder hat der Kriegerverein Altlünen? Antwort aus Bork: 58 Mitglieder. Ein Jahr später sah man auch in Sachen „Fahne“ genauer hin. Per Telegramm wünschte der Landrat zu erfahren, ob es dem Kriegerverein Selm, welcher angeblich ohne Erlaubniß eine Fahne führt, ausdrücklich verboten [ist], dieses zu thun? Die geforderte „Drahtantwort“: Es ist dem Kriegerverein Selm nicht ausdrücklich verboten die Fahne zu führen. 1898 wollte das Bezirkskommando II (Münster) kurz vor Weihnachten dringend erfahren, seit wann es den Kriegerverein Selm gäbe. Drahtantwort des Amtmanns: Kriegerverein Selm besteht seit 1892.

Die hiesigen Kriegervereine verlegten sich um die Jahrhundertwende darauf, das Kaisersgeburtstagsfest durch Böllerschüsse zu „verherrlichen“, wie es der Selmer Polizeidiener Thier 1902 ausdrückte. In Wethmar wurde schon drei Jahre früher aus gleichem Grund geböllert. Der dortige Verein bat den Amtmann um Erlaubnis und um Nachlaß der Vergnügungssteuer am Kaisers-Geburtstage. Man feiere mit Klaviermusik und Gesang, erläuterte der Vorsitzende Middendorf, führe lebende Bilder auf und halte Vorträge. Und wenn die alten Krieger das Tanzbein nach Klaviermusik schwingen wollen soll[te] Ihnen auch nichts im Wege stehen.[9] 

Veranstaltung militärischer Leichenbegängnisse

Die Befugnis zur Veranstaltung von kriegerischen Leichenfeiern[10] war das besondere Kennzeichen der Kriegervereine, ein Privileg dass nur berechtigten Mitgliedern zuteilwerden sollte. Die Bezirksregierung beklagte, dass Vereine nicht gediente Mitglieder – zum Theil sogar in größerer Anzahl – aufgenommen hätten und verlangte, Aufnahmeanträge künftig nur „unter Beifügung … [der] Militairpapiere“ entgegenzunehmen. Andernfalls müsse man den Vereinen die besonderen Rechte der Kriegervereine entziehen.

Die Beerdigung eines Kameraden war die Gelegenheit, sich als Verein in der Öffentlichkeit darzustellen. Nach dem Vorbild des Militärs hielt man auf strenge Ordnung und achtete auf jedes Detail. Die Handbücher der Kriegervereine schilderten seitenlang die korrekten Formen und drängten auf ein einheitliches Erscheinungsbild. Das betraf auch die Kleidung. Uniform tragen war erlaubt, aber den meisten fehlte das Geld für eine so teure Anschaffung.[11] So beließ man es beim dunklen Anzug, einer einheitlichen Kopfbedeckung und gelegentlich weißen Handschuhen. Nicht jeder hatte im aktiven Dienst „Orden und Ehrenzeichen“ erworben und so versuchte man mit Achselstücken, großen, breiten, bunten Schärpen und Säbeln dem Auftritt der Kameraden einen militärischen Anstrich zu geben.[12]

Gemäß Erlass vom 31. Januar 1894 hatten auch die Herren Minister des Innern und des Krieges nichts einzuwenden, wenn die Vorstandsmitglieder der Kriegervereine bei den Leichenparaden und Vereinsfestlichkeiten Säbel oder Degen, sowie selbstgewählte Gradabzeichen zur Zivilbekleidung anlegen, vorausgesetzt, daß die betreffenden Stücke an sich, insbesondere die Schärpen und Portepees so beschaffen sind, daß sie den Abzeichen der Offiziere der Armee nicht zum Verwechseln ähnlich sehen.[13] 

Abgrenzung zu kirchlichen Vereinen

Zu gern versammelten sich die Mitglieder der unterschiedlichsten Vereine und Organisationen hinter einer Fahne und es wundert nicht, dass es gerade der „Armee im Bürgerrock“ ein zentrales Anliegen war, ihre Gliederungen nach dem Beispiel des wirklichen Militärs mit zugkräftigen Symbolen auszustatten. Die beidseitig gepflegte Nähe der Kriegervereine zu staatlichen Autoritäten brachte mit sich, dass die Verwaltung die Vereine „auf Kurs“ halten sollte und zu beobachten hatte, ob das praktizierte Vereinsleben den allgemeinen Vorschriften entsprach. Die gewünschte Einheitlichkeit im Auftreten schloss eine gewisse Abgrenzung auch zu den Religionsgemeinschaften ein. 

Fahnen

Bezüglich der Fahnen hatte der preußische Staat schon früher entsprechende Grenzen gezogen und durch allerhöchste Order vom 30. März 1861 die kirchliche Einweihung von Vereins-Fahnen untersagt. Allerdings ließ sich die Verordnung in dieser Absolutheit nicht umsetzen. Im März 1869 sah sich die Regierung Münster veranlasst, klärende Worte[14] zu sprechen, weil von kirchlicher Seite der Auffassung Raum gegeben worden [sei], als ob der gedachte Allerhöchste Erlaß sich auch auf rein kirchliches Gebiet erstrecken solle.

Dem trat die Bezirksregierung entgegen und ließ verbreiten, dass das Verbot nur auf die Fahnen der Vereine mit eigentlich militairischen Character Krieger-, Militair-, Begräbniß-Vereine, Schützengilden und dergleichen anzuwenden sei, nicht aber auf kirchliche Vereine, Bruderschaften, Gesellen-Vereine etc., wie sie sich im Bereich der katholischen Kirche vielfach vorfinden, so wie überhaupt auf Fahnen, welche rein kirchlichen Zwecken dienen.

Schwierig blieb die Abgrenzung bei Vereinen mit militärischem Charakter, die zugleich eine kirchliche Bruderschaft bildeten. Das waren z.B. Schützengilden, die abgesehen von ihrer eigentlichen Vereinsfahne, eine besondere Kirchenfahne führten. Hier mache die Verwendung den Unterschied: Die Einsegnung einer „Kirchenfahne“, die ausschließlich zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmt sei, falle als eine das bürgerliche Gebiet überhaupt nicht berührende Handlung nicht unter das Verbot. Handle es sich dagegen um Fahnen, welche Schützengilden und ähnlichen Vereine … als Symbol ihrer Eigenschaft als Wehrvereine führen, so bliebe eine kirchliche Einweihung untersagt. 

Begräbnisse

Im Amt Bork hatte es die Verwaltung in Bork vor allem mit der katholischen Kirche zu tun, die im gesellschaftlichen Leben der Gemeinden stark verankert war und der die Kriegervereine bei der Beerdigung eines ihrer Kameraden schlecht aus dem Wege gehen konnten (oder wollten).

Im Mai 1897 machte die Bezirksregierung das Landratsamt in Lüdinghausen mit einem Vorfall anlässlich der Beerdigung eines katholischen Mitgliedes eines Kriegervereins bekannt, der nach Ansicht der Bezirksregierung möglicherweise auf eine Abneigung des Geistlichen gegen den Kriegerverein zurückzuführen sei.

Münster wünschte eine vertrauliche Äußerung des Landrats, wie sich die Geistlichkeit im Kreis Lüdinghausen im Allgemeinen … zu dem Kriegervereinswesen stellt. Graf von Wedel erkundigte sich bei den Ortsbehörden und weil der Borker Amtmann Busch aus diesem Anlass eine etwas ausführlichere Beschreibung der Leichenfeierlichkeiten bei Krieger-Vereinen verfasste, hier der ungekürzte Wortlaut der Korrespondenz:[15] 

Der Regierungs-Präsident,              Münster den 28. Mai 1897.

N o. 7930. I.

Es ist aus neuerer Zeit ein Fall zu meiner Kenntniß gebracht, in welchem bei der Beerdigung eines katholischen Mitgliedes eines Kriegervereins der zugezogene Geistliche seine Mitwirkung versagte, sofern die Musik auf dem Wege zum Kirchhofe und auf dem Kirchhofe spiele.

Auf die spätere Anfrage des Landrathes hat der Geistliche seine Stellungnahme dahin erläutert: Durch die Mitwirkung der Musik würde der kirchliche Ritus nicht ohne erhebliche Störung haben ausgeführt werden können. Er, der Geistliche, würde, falls sein Auftrag, das Spielen zu unterlassen, nicht beachtet worden wäre, das Begräbniß nicht unterlassen, sondern, ohne Begleitung zum Kirchhofe, in der Weise vorgenommen haben, daß die Leiche vor dem Begräbnißplatze aufgestellt, dort von ihm („dem hinzukommenden Priester“) eingesegnet und dann durch denselben (sc. ihn) beerdigt worden wäre.

Aus diesem Anlaß ist es mir erwünscht zu erfahren, wie in anderen Kreisen im Allgemeinen die Begräbnisse katholischer Kriegervereinsmitglieder stattfinden, ob mit oder ohne Musikbegleitung, wie die Geistlichen sich ersteren Falls verhalten, ob und welche Einsprüche ihrerseits etwa anderwärts erhoben und in welcher Weise solche Zwischenfälle erledigt sind.

Abdrücke für die Ortspolizeibehörden liegen bei.
I. V.
von Briesen. 

          Lüdinghausen, den 4- Juni 1897
Vertraulich!         No. 3100 I.
                 Abdruck zur Aeusserung.
8 Tage !      Der Königl. Landrath.
                Graf von Wedel (Stempel) 

Eingangsstempel: 7- Jun.1897 J. No 1945 

 

Antwort Amt Bork: 

B. d. 18.6.97.
Leichenfeierlichkeiten bei Krieger-Vereinen betr. Verfügungen … 

In Bork marschirt bei Beerdigungen von Kriegervereins-Mitgliedern der Verein ohne Musikbegleitung mit Fahne vom Vereinslocale zum Sterbehause bezw. zum Aufstellungsorte der Leiche und von hier aus vor der Leiche her zum Friedhof, vom Friedhofe aus, ebenfalls ohne Musikbegleitung, nachdem die Geistlichkeit und das Leichengefolge etwas vorgegangen sind, zur Kirche. Die Fahne nimmt während des Trauergottesdienstes Aufstellung im Mittelgang der Kirche und wird nach Beendigung von der Kirche nur zum Vereinslokale abgebracht.

In Cappenberg, Altlünen und Wethmar geschieht die Betheiligung ebenfalls ohne Musikbegleitung und in ähnlicher Weise nur mit dem Unterschiede, daß das Abbringen der Fahne zum Vereinslocale direct vom Friedhof aus vorsichgeht und die Mitglieder sich nach Belieben und einzeln in die Kirche begeben, oder auch nicht.

In Selm wird mit Musik beerdigt und zwar in der Weise, daß die Musik Trauermärsche spielt vom Vereinslocale bis bei der Leiche, von dort aus bis zum Friedhof schweigt, dann am Grab, nach Beendigung des kirchlichen Ritus einige Trauer-Choräle spielt und sodann die Fahne mit einem flotten Marsche zum Vereinslocale zurückbegleitet.

Einsprüche der Geistlichkeit sind nach meinen Erfahrungen und Erkundigungen im diesseitigen Amtsbezirke bisher nicht vorgekommen.

Das Verhalten der katholischen Geistlichkeit dem Kriegervereinswesen gegenüber hat sich zwar in den letzten Jahren etwas gebessert, so daß wohl im Allgemeinen eine Abneigung in dem Verhalten grade nicht mehr erblickt werden kann, von der Bethätigung einer freudigen Sympathie den hochwichtigen nationalen und socialen Bestrebungen der Kriegervereine gegenüber kann aber unerklärlicherweise leider bisher noch keine Rede sein.

D. A.
[Busch]

November 2019

Kriegervereine im Amtsbezirk Bork (Teil 1)   >>

Kriegervereine im Amtsbezirk Bork (Teil 2)   >>

______________________________

[1] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Ministerium des Innern an westf. Oberpräsidenten, Schreiben vom 10.03.1895. 
[2] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Ministerium des Innern, 10.03.1895. 
[3] Vgl. zeitgenössische Darstellung: Delius, Das preußische Vereins- und Versammlungsrecht … , Berlin 1891, digitalisiert: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de.
[4] Zu der Zeit war das preußische Versammlungs- und Vereinsrecht noch so in Kraft, wie es die Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 in den Art. 29 und 30 garantierte und mit der „Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinsrechts vom 11. März 1850“ gesetzlich regelte.   
[5] Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der kleinen Leute …, München 1990, S. 60.
[6] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Schr. des Regierungspräsidenten vom 14.01.1893.
[7] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Schr. des Oberpräsidenten vom 27.08.1895.
[8] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Schr. des Oberpräsidenten vom 22.09.1896.
[9] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Schr. des Vorsitzenden Middendorf vom 23.01.1899.
[10] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Bezirksregierung Münster, 05.05.1895. 
[11] Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der kleinen Leute …, München 1990, S. 65.
[12] Rohkämper, a.a.O., S. 67.
[13] StA Selm AB-1 Nr. 399 – Oberpräsidium Münster, 16.02.1894. 
[14] StA Selm AB-1, Nr. 282 – Verordnung der Regierung Münster vom 01.03.1869.
[15] StA Selm AB-1, Nr. 399.

 
Email